Europa im Blick

  

Europa steht wieder einmal im Fokus. Nicht so sehr wegen der großen Herausforderungen in der Welt, wo sich Europa ordentlich einbringen würde (sic!), sondern weil EU-Wahlen anstehen. In Italien und damit auch in Südtirol wird am achten und neunten Juni 2024 gewählt. Mit dabei ist u.a. auch Herbert Dorfmann, der seit 2009 im EU-Parlament sitzt und auch heuer wieder auf einer SVP-Forza-Italia-Liste antreten möchte. Kritik an dieser Zweckehe gab es vom Südtiroler Forza-Italia-Chef Matteo Gazzini, der auch im EU-Parlament sitzt. Er tritt ebenfalls an und sieht seine Wahlchancen in Gefahr. Der nationale FI-Parteichef Antonio Tajani, der zugleich italienischer Außenminister ist und lange Zeit in Europa in wichtigen Positionen wirkte, hielt am Bündnis fest und sprach ein Machtwort. Damit war das Bündnis gerettet. Dorfmann muss nun mindestens 50.000 Stimmen erreichen, um fix nach Brüssel ziehen zu können. Es gilt als wahrscheinlich, dass er diese Hürde meistern wird. 

 

Die EU selbst ist derzeit auf Selbstfindung unterwegs. Gegen die großen Krisen in der Welt und darunter auch etliche Kriege, die das Potential haben, die Weltordnung zu sprengen, hat die Staatengemeinschaft bislang kaum Antworten gefunden. Das gilt für die Ukraine und auch für den jüngsten Vorfall im Nahen Osten. Es mag stimmen, dass die EU eine sehr große Institution ist und dort nicht alles rund läuft. Auch die Bürokratie ist einfach zu viel des „Guten“ und die Entscheidungsprozesse sind zu langatmig. Da muss sich dringend etwas ändern. Auch wenn zu berücksichtigen gilt, dass die EU aus den Trümmern der Nachkriegszeit nach dem zweiten Weltkrieg einen Kontinent geschaffen hat, in dem die Menschen in Frieden und Freiheit und viele auch in Wohlstand leben können. Die EU sorgte für Frieden, Stabilität und Wohlstand und versuchte die Diplomatie einzusetzen. Auch Werte wie Demokratie, Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit sind nach wie vor wichtig. Aber dennoch driften viele EU-Länder immer mehr in den nationalen Egoismus ab. Das ist schade. Genauso wie sich die EU-Staaten angesichts der großen Krisen und Kriege in der Welt immer schwerer tun, mit einer Stimme zu sprechen. 

 

Damit leisten sie sich einen Balanceakt, der nicht immer nachvollziehbar ist. Allerdings geht es immer auch um viel Geld. Und dabei geht es stets ans Eingemachte, nämlich an die staatlichen Haushalte. Es werden in Zukunft Unsummen nötig sein, die Unterstützung für die kriegsgebeutelten Staaten aufrecht zu erhalten. Dabei winken schon jetzt viele Mitgliedsländer dankend ab, wenn sie hören, dass Brüssel noch mehr Geld braucht. Das war auch der Grund, warum sich die 27 EU-Staaten vor kurzem gerade so auf einen kleinen Kompromiss für den Gazastreifen geeinigt haben: So sollen laut der EU einige Kriegspausen - also kein dauerhafter Waffenstillstand! - und humanitäre Korridore umgesetzt werden. Mehr war nicht drin. Das ist enttäuschend! Es zeigt aber einmal mehr, dass Europa seinen Platz in der Weltordnung noch finden muss. Wenn in dieser Hinsicht aber nicht bald ernsthafte Antworten kommen, wird das einstige Muster-Modell zum Spielball für andere Mächte. Um das zu verhindern, braucht es viel mehr Geschlossenheit und eine eigene robuste Sicherheitsdoktrin. Die Weichen dazu werden bei der nächsten EU-Wahl gestellt. 

     

      

Ihr Reinhard Weger
     

 

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