Integration mit Hausverstand
Die Freiheitlichen haben den Stein ins Rollen gebracht. Als sie am vergangenen Montag (1. April 2019) zur Pressekonferenz luden, wussten nur wenige Eingeweihte, dass es richtig zur Sache gehen würde. Denn die freiheitliche Führungsspitze hatte schwere Kaliber geladen. In den Fokus der freiheitlichen Kritik geriet einmal mehr die Integrationspolitik der SVP, die über eine Broschüre des Schulamtes zum Ausdruck kam. Der Landesminister für Bildung und zugleich SVP-Landesobmann Philipp Achammer, der auch für den Bereich Integration verantwortlich ist, wurde als Hauptschuldiger an den Pranger gestellt. Von einem „Kniefall vor dem Islam“ und der „Förderung von muslimischen Parallelgesellschaften“ war die Rede.
Anlass für die freiheitliche Kritik ist eine Informationsbroschüre des deutschen Schulamtes unter dem Titel „Muslimische Kinder und Jugendliche in der Schule“. Dort wurden Ratschläge für den Umgang mit muslimischen Schülerinnen und Schülern herausgegeben, wobei die sensiblen Problemzonen in Anlehnung von ähnlichen Ratgebern aus dem deutschen Sprachraum aufgegriffen wurden. Sport- und Schwimmunterricht, Lehrausflüge und Klassenfahrten, Sexualerziehung, Kopftuch, religiöse Feiertage und der Fastenmonat Ramadan wurden behandelt. Der Clou: Es wurden geschlechtergetrennter Schwimmunterricht und Kleidervorschriften empfohlen. Dazu sollte es keine Schulausflüge, Sportveranstaltungen und Schularbeiten während des muslimischen Fastenmonats Ramadan geben. Darüber hinaus sollte auf hohe muslimische Feiertage Rücksicht genommen werden.
Deftige Aussagen! Für die Freiheitlichen war das natürlich ein aufgelegter Elfmeter, den die Blauen liebend gern im Tornetz der SVP versenkten. Torhüter Philipp Achammer vermochte den Schuss nicht mehr zu parieren und bekam in der Folge sein Fett ab. Sein Integrationskonzept „Fördern und Fordern“ wurde ins Lächerliche gezogen. Der Achammer’sche Hinweis, dass er die Broschüre gar nicht kenne, wirkte wie ein zaghaftes Ablenkungsmanöver. Ein Schnellschuss obendrein, zumal die politische Verantwortung ohnehin bei ihm liegt. Zudem packten die Freiheitlichen in der Folge eine Landtagsanfrage vom 20. Juni 2018 aus, wo es genau um ein derartiges Faltblatt ging. Dabei sei sogar der Titel schon bekannt gewesen. Der Vorwurf der Lüge ist da nicht mehr weit.
Tatsache ist, dass im besagten Leitfaden eine Menge Gutes drinsteht, aber auch Blödsinn zu finden ist. Genau da gilt es anzusetzen. Mit einem vernünftigen Maß an kulturellem Selbstverständnis und Humanität. Denn wir können durchwegs stolz sein auf unsere Kultur, Tradition und Lebensart. Dass unsere Schulen aber neue Maßstäbe vorgeben müssen, liegt auf der Hand. Dabei braucht es aber eine ordentliche Portion Hausverstand.
Es ist aber genauso richtig, dass es nicht klappen wird, die Integration nur von den anderen zu fordern und die Toleranz auf dem Misthaufen der Geschichte abzulegen. Integration passiert genau dann, wenn weder Nationalismen noch religiöse Ausrichtungen eine besondere Rolle spielen. In dieser Hinsicht haben in Vergangenheit schon „unsere“ Katholiken viel Unheil angerichtet. Arbeiten wir daran, dass so etwas nicht wieder passiert!
Reinhard Weger