EU-Wahlen
Die Wahlen zum EU-Parlament sind geschlagen. Nach dem mit Spannung erwarteten Wahlgang gab es viele erleichterte Gesichter darüber, dass die Rechten und Populisten nicht den ganz großen Erdrutschsieg verbuchen konnten. Zwar konnten sie in verschiedenen Ländern, darunter in Italien, Frankreich und Ungarn, große Siege einfahren, aber im EU-Parlament blieben sie unter den Erwartungen. Das ist aber nur ein kleiner Trost, denn leichter wird es dadurch nicht. Denn die Populisten und „Souveränisten“, wie sie allgemein auf Neudeutsch bezeichnet werden, fühlen sich stark genug, um die europafreundlichen Kräfte vor sich herzutreiben. Sie werden versuchen, Europa zu verändern. Und das kann nichts Gutes bedeuten. Denn Europa kann nur dann stark sein, wenn Zusammenhalt und Eintracht herrschen.
Es gibt aber Hoffnung. Die jungen Leute machen nämlich den Unterschied. Es wächst eine Generation heran, für die der europäische Gedanke etwas Selbstverständliches ist. Diese Menschen können sich gar nicht mehr vorstellen, auf den Weg von Bruneck nach München gleich drei Staatsgrenzen mit den entsprechenden Kontrollen und Wartezeiten überwinden zu müssen. Die jungen Leute haben auch maßgeblich dazu beigetragen, dass die Wahlbeteiligung für die letzten EU-Wahlen stark gestiegen ist. Das war die wirklich gute Nachricht nach diesem Wahlgang. Denn junge Leute wählen anders und haben auch andere Interessen als der Rest des Landes.
Auf dieser Erfolgswelle schwammen bestimmte Parteien ihren starken Resultaten entgegen – in Südtirol genauso wie anderswo. In Deutschland beispielsweise avancierten die Grünen sogar zur neuen Volkspartei. Wer das vor 20 Jahren auch nur ansatzweise angedacht hätte, wäre wohl als verrückt erklärt worden. In der politischen Berichterstattung kam es aber mitunter so vor, als hätten die Wähler unter 30 diese wichtige EU-Wahl entschieden. Das ist aber zu weit gegriffen. Denn dafür gehen die Jungen noch immer zu wenig zur Wahl, was sich schleunigst ändern muss. Die Jungen haben auch das Brexit-Referendum in England verbockt. Wären sie nämlich zur Wahl gegangen, hätte es wohl für ein anderes Resultat gereicht.
Die größte Alters- und damit Wählergruppe stellen nach wie vor die 45- bis 65-Jährigen. Je weiter man zurückgeht, umso geringer wird der Anteil in der Bevölkerungspyramide. Dieser Bevölkerungstrend wird sich in den nächsten Jahrzehnten noch verschärfen. Daher brauchen die Jungen auch die Alten – und wie. Denn sie bestimmen letztlich, wer an den politischen Schalthebeln sitzt. Das ist wissenschaftlich erwiesen und zahlenmäßig evident. Insofern braucht es Themen, die bei Jung und Alt einen gemeinsamen Nenner finden. Die Generation „Greta“ hat Klima- und Naturschutz auf die Fahnen geschrieben. Zahlreiche heimische Oberschüler haben ebenfalls viele Male für das Klima die Schule „bestreikt“. „Fridays for Future“ ist nicht einfach eine Entschuldigung den Unterricht zu schwänzen, sondern der Beginn einer neuen Protestbewegung. Der Beginn einer neuen Ära.
Diesen Trend müssen wir alle erkennen und entsprechend handeln. Denn eines haben die Jungen den Alten voraus: Sie können mit der schnelllebigen Zeit besser umgehen und erkennen Trends daher viel schneller. Wir können also nur voneinander profitieren – ganz im Sinne des europäischen Gedankens!
Reinhard Weger