Verkehrspoker
Die Verkehrssituation im Pustertal ist längst jenseits von Gut und Böse. Ganz besonders arg ist die Situation aber in Bruneck. Man könnte nun eine ausgiebige Diskussion darüber führen, welche Lösung am besten umzusetzen wäre, aber das würde den gebotenen Rahmen bei Weitem sprengen. Zumindest in Bruneck sollen nun aber Nägel mit Köpfen gemacht werden. Bürgermeister Roland Griessmair hat das politische Wagnis auf sich genommen und will die Mobilität in geordnete Bahnen bringen. Kein leichtes Unterfangen. Schließlich musste er das aufholen, was jahrzehntelang auf die lange Bank geschoben wurde. Verkehrstechnisch wurde in Vergangenheit nämlich oft nur punktuell Makulatur betrieben und dabei das große Ganze außer Acht gelassen. Die Folgen sind täglich zu spüren und an den vielen Staus am eigenen Leib zu erleben. Egal mit wem man redet: Es wird sich kaum jemand finden, der mit der aktuellen Verkehrssituation in der Rienzstadt auch nur annähernd zufrieden ist.
Das von Roland Griessmair geprägte und nun zur Umsetzung vorgelegte Verkehrskonzept hat erfreulicherweise zwei wichtige Neuheiten: Zum einen gibt es konkrete Maßnahmen und zum anderen einen klaren Zeit- sowie Prioritätenplan. Keine verkehrstechnischen Dampfplaudereien, sondern harte Fakten - nachvollziehbar und offensichtlich. Der Bürgermeister hebt sich damit in erfrischender Manier von der Riege jener Politiker ab, die zwar gerne vom öffentlichen Verkehr reden, sich aber letztlich dann doch nicht aus der Deckung wagen. Denn das Wichtigste im Verkehr mit den Menschen ist nach wie vor, dass man ihnen die Ausreden aus dem Weg räumt. Man muss Anreize schaffen, dann klappt das auch mit dem Verkehrswandel. Wer die Autos aussperren will, muss beispielsweise ausreichend Parkflächen schaffen. Denn wegzaubern kann man die fahrbaren Untersätze nicht. Die strategische Potenzierung des Tiefgaragenangebotes ist dabei ein wichtiger Schritt.
Griessmair setzt darüber hinaus folgerichtig auf sanfte Mobilität und die gute Erreichbarkeit aller Brunecker Stadtteile. Er lässt sich dabei in gestalterischer Hinsicht noch Möglichkeiten offen. Ein kluger Schachzug! Doch die Grundhaltung ist klar: Ausgehend vom Verkehrsring um die Stadt soll über Stichstraßen der Verkehr flüssig und am Laufen gehalten werden. Damit dürften die täglichen und nervigen Staus der Vergangenheit angehören. Darüber hinaus soll der Verkehr nicht einfach auf das jeweilige Nachbarviertel abgeladen werden, sondern so kurz wie möglich abgewickelt werden. Jedes Viertel trägt also seinen Verkehr selbst. Das führt dazu, dass unter dem Strich alle einen entsprechenden Vorteil haben. Der motorisierte Verkehr auch in geordnete Bahnen gelenkt und aus den wichtigsten Ballungsbereichen überhaupt ausgegrenzt werden. Der Graben und die Herzog-Sigmund-Straße sollen zu reinen Fußgängerzonen werden. Das alles führt zweifellos zu einer bedeutenden Steigerung der Lebensqualität.
Mit der Umsetzung vieler konkreter Schritte ist das ganz große Ziel nun in Sichtweite. Die Weichen sind gestellt und die Mobilität in Bruneck auf Kurs gebracht. Das wiederum strahlt auf das gesamte Pustertal aus. Bleibt zu hoffen, dass nun auch andere der Griessmair’schen Weitsicht folgen mögen. Denn die verkehrstechnischen Baustellen sind noch zahlreich vorhanden.
Reinhard Weger