Corona-Präzisierungen
Die Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie ist eine Herausforderung für uns alle. Seit geraumer Zeit sind maßgebliche Grundrechte eingeschränkt. Demokratische Selbstverständlichkeiten werden auf dem Altar der Gesundheitsversorgung geopfert. Die politischen Führer versuchen sich als Krisenmanager und bedienen sich dabei sogar aus dem Repertoire einer unsympathischen Kriegsrhetorik. Es steht auch viel auf dem Spiel und mit der Gesundheit der Menschen darf nicht experimentiert werden. Solange das für eine Übergangszeit nötig ist und im Sinne der Volksgesundheit unerlässlich ist, geht das in Ordnung. Das ist durch verfassungsmäßige und rechtsstaatliche Vorgaben auch entsprechend gedeckt.
Allerdings finde ich den Wildwuchs an Dekreten, Bestimmungen und Verordnungen bzw. Notverordnungen rund um die Corona-Pandemie höchst unpassend. Ja, sogar kontraproduktiv und gefährlich! Sowohl auf nationaler als auch auf ländlicher Ebene waren die Politiker diesbezüglich sehr produktiv. In den ersten Wochen des Lockdowns wurde das Ausgeh-Dokument der römischen Regierung alle drei Tage geändert. Eine reine Pflanzerei! Doch auch aus Südtiroler Sicht ist einiges verbesserungswürdig. So wurde am 13. April 2020 die Verordnung Nr. 20 von Arno Kompatscher erlassen, welche u.a. die Nähe zur eigenen Wohnung regelt. Es tut gut, dass Gouverneur Kompatscher Mut gezeigt hat und den Druck der Zügel sanft und behutsam etwas zu lockern versucht hat. Es bleibt zu hoffen, dass diese Bemühungen nicht eingebremst werden.
Die Hutkrempe hochgehen ließ vielen Menschen jedoch der Hinweis im selben Dekret, dass man sich innerhalb der Südtiroler Landesgrenzen fortbewegen kann, um zur eigenen Kernfamilie zu gelangen. Gerade der Begriff „Kernfamilie“ ist – einmal mehr – zu schwammig formuliert und ließ wiederum viel zu viel Spielraum zu. Tatsächlich fragten sich dann auch viele, wie das zu interpretieren sei. Laut soziologischer Definition versteht man unter Kern- bzw. „Gattenfamilie“ die Mutter, den Vater und die gemeinsamen Kinder, die in einem Haushalt zusammenleben. Punkt! In juridischer Hinsicht ist die Sachlage aber weitaus komplizierter und der gesellschaftliche Zeitgeist kennt ohnehin kaum Grenzen. Ich kenne viele Menschen, die in das heile Bild der oben angeführten Kleinfamilie schlicht nicht passen. Darüber hinaus ist zu klären, was mit den nicht verheirateten Lebenspartnern oder gerichtlich getrennten Ehepartnern passiert. Dann steht noch die Frage der volljährigen Kinder, die nicht zu Lasten sind, im Raum. Die Liste ließ sich noch beliebig fortführen.
Um es kurz zu machen: Bitte klar und deutlich aufzeigen, was Sache ist. In einer simplen und einfachen Sprache, die jeder versteht! Garniert mit einer ordentlichen Portion Hausverstand, Führungsstärke und dem richtigen Maß an Verhältnismäßigkeit. Mitunter ist dabei etwas weniger sogar besser. Denn Regulierungs- und Verordnungswahn sind der gemeinen Freiheit nicht zuträglich. Das gilt auch in Zeiten von Corona!
Reinhard Weger