Menschlichkeit und Verhältnismäßigkeit
Die Menschen sind froh, dass sie wieder etwas mehr Normalität zurückbekommen haben. Die Kehrseite: An bestimmten Orten in der Stadt und auch in den Dörfern war die Freude darüber dann doch etwas zu überschwänglich. Die Bars und Gasthäuser wurden zu einem beliebten Treffpunkt. Gerechtigkeitshalber muss man auch hinzufügen, dass in so manchen Gegenden schon in den letzten Monaten mitunter so getan wurde, als gäbe es die Corona-Seuche gar nicht.
Dasselbe gilt auch für die Impfungen. Nachdem sich ein doch hoher Anteil an Bediensteten im Sanitätsbetrieb und in den Alten- und Pflegeheimen (noch) nicht impfen lassen will, ist nun Feuer am Dach. In mehrfacher Hinsicht. Denn die Verantwortlichen der Gesundheits- und Pflegedienste befürchten, dass sie die Dienste personell nicht mehr decken können, wenn sie – wie das Gesetz vorschreibt – nicht geimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter suspendieren. Denn wo soll denn der Ersatz her? Das wiederum kann dazu führen, dass geimpftes Personal die Dienste der „Nicht-Geimpften“ übernehmen muss oder dass die Versorgung der Menschen eingeschränkt werden muss. Es wird befürchtet, dass keine Neuaufnahmen in den Alters- und Pflegeheimen mehr getätigt werden können und sogar Wiederaufnahmen, z. B. nach einem Krankenhausaufenthalt, verweigert werden. In beiden Fällen sind jene die Leidtragenden, die es am wenigsten verdienen, also die Betreuten selbst und ihre geimpften Betreuungs- und Pflegekräfte.
Franz Ploner vom „Team K“ warnt darüber hinaus, dass den Krankenhäusern, die hoffentlich bald auf Normalbetrieb hochgefahren werden, wiederum Bettenschließungen und Zusammenlegung von Fachabteilungen droht. Ein Teufelskreis, der sich nur im gemeinsamen Schulterschluss durchbrechen lässt. Dazu gehört auch das Bewusstsein, dass wir einerseits die Seuche noch nicht überwunden haben und andererseits in Zukunft wohl damit leben müssen. Allerdings muss auch klar sein, dass alle, die Regeln erstellen und sie kontrollieren, auch ein gewisses Maß an Verhältnismäßigkeit und zugleich Menschlichkeit an den Tag legen. Jagdszenen durch die Felder von Gsies gehören nicht dazu. Auch nicht körperbetonte Kontrollen, ob die Verkäuferinnen in den Geschäften die FFP-2-Masken aufhaben.
Der Corona-Pass ist auch so eine Sache. Er gilt für jene Gäste, die sich im Innenbereich von Bars und Restaurants aufhalten wollen. Für den Außenbereich ist kein derartiger Freischein notwendig. Dabei müssen die Gastwirte auch kontrollieren, ob der Gast den begehrten Zettel oder die App mit dem grünen Häkchen vorweisen kann. Dass der Gastwirt dabei nicht Polizist spielen soll, liegt auf der Hand und ist auch gut so. Es ist aber ratsam, die nach einem überaus holprigen Start gut installierten Testmöglichkeiten zu nutzen. Wer nämlich ohne den Corona-Pass erwischt wird, muss eine Verwaltungsstrafe von 400 Euro bzw. 280 Euro bei Sofortbezahlung hinblättern.
Ihr Reinhard Weger