Der richtige Kompass
Die „modernen“ Menschen können ohne Smartphone, Internet und Co. nicht mehr existieren. Die digitale Kommunikation hat unser Leben nachhaltig verändert. Ja sogar vereinnahmt. Die Medaille hat aber – wie so oft – eine Kehrseite. Denn es ist einfach, sich auf den Schleichwegen des Internet zu verirren und sich laufend ablenken zu lassen. Die große weite und dabei so „schöne“ digitale Welt ist ja nur einen Klick weit entfernt. Die Corona-Seuche hat dieses Problem zusätzlich verschärft. Computer und digitale Kommunikation sind zum neuen Standard geworden. Das gilt für den privaten Gebrauch genauso wie für den beruflichen Alltag. Selbst Kinder haben die digitale Glitzerwelt längst als Teil des täglichen Lebens entdeckt.
Erschreckend ist jedoch, dass sich vor allem die digitale Kommunikation vielfach noch in einer Art „rechtsfreiem Raum“ abzuwickeln scheint. Was da alles von sich gegeben wird, ist mitunter unerträglich und oft schlicht kriminell. Dr. Josef Duregger, der ehemalige Schuldirektor aus Gais, bringt es auf den Punkt. Er hat nämlich feststellt, dass der öffentliche Diskurs oft von Menschen bestimmt wird, die sich möglichst laut und extrem äußern. Die Corona-Pandemie hat uns seit einem guten Jahr im Würgegriff und stellt uns wirtschaftlich, sozial, kulturell und menschlich vor eine harte Probe. Da können schnell die Nerven blank liegen und sich ansonsten brave Bürger zu wahren Internet-Monstern entwickeln. Die Reaktion der großen Mehrheit ist in solchen Fällen, dass man am besten nicht reagiert. Duregger ruft dennoch dazu auf, die öffentliche Meinung nicht ständig den lauten Randgruppen zu überlassen. Denn ansonsten werden die wichtigen Werte einer gesunden Gesellschaft wie Meinungsvielfalt, Toleranz und Respekt vor der menschlichen Würde mit Füßen getreten. Die Folgen wären fatal!
Die sozialen Medien bringen also viel Segen, aber auch so manche Gefahr. Die Zivilgesellschaften demokratischer Prägung sind daher gut beraten, gewisse Auswüchse als solche zu erkennen und alles zu unternehmen, diesem Treiben Grenzen zu setzen. Davon hängt letztlich auch das friedliche Zusammenleben ab. Denn dieses muss geprägt sein von Dialog, Respekt, Meinungsvielfalt, einer lebendigen Streitkultur und vom ständigen Bemühen, einen Grundkonsens in lebenswichtigen Belangen zu erreichen. Wenn das nicht mehr klappt, dann driftet die moderne Gesellschaft auseinander und werden Extremismen Tür und Tor geöffnet. Duregger sagt dann im PZ-Interview einen Satz, der ebenfalls aufhorchen lässt. Er habe ab und zu den Eindruck, dass wir als Wohlstandskinder den Kompass verloren haben und die christlich-sozialen Grundwerte auf unserem Weg nach und nach aufgegeben haben. Insofern müssen wir uns die Frage stellen, ob wir auf dem richtigen Weg sind und ob Toleranz, Hilfsbereitschaft, Respekt sowie die Menschlichkeit noch immer eine gesellschaftstragende Rolle für uns alle spielen. In dieser Hinsicht kann jeder Einzelne von uns aktiv dazu beitragen. Das gilt auch im Umgang mit den sozialen Medien.
Ihr Reinhard Weger