Wölfe und Bären
Im Pustertal leben offenbar immer mehr Wölfe. Sie vermehren sich rasch und fühlen sich dank ihrer Anpassungsfähigkeit im Grunde überall wohl. Bis in das 15. Jahrhundert waren Wölfe in ganz Europa verbreitet und sie wurden als Vorfahren unserer geliebten Haushunde als Wachhunde sogar geschätzt. Doch mit der aufkommenden Tierhaltung und Viehzucht wurden sie zu unliebsamen Konkurrenten und in der Folge gnadenlos gejagt. So lange, bis sie in weiten Teilen Europas ausgerottet waren. Seit 1992 stehen sie auf der EU-Liste der schützenswerten Tierarten und genießen daher EU-weit einen besonderen gesetzlichen Schutz.
Im Trentino wurden in der Folge dann Großraubtiere wie Bären und Wölfe angesiedelt, die sich in den darauffolgenden Jahren stark vermehrt haben. Der Siedlungsraum reichte bald nicht mehr und so begeben sich die Raubtiere immer wieder auf Wanderschaft und suchen sich neue Reviere. Sie machen dabei natürlich nicht vor der Südtiroler Landesgrenze Halt. Die Wölfe sind mittlerweile auch im Pustertal heimisch geworden. Das ist Fakt. Schreckliche Bilder von gerissenen Wild- und Nutztieren schocken die Menschen und erzeugen viel Unmut. Der Ruf nach klaren Vorgaben und der Reglementierung im Sinne von Abschussmöglichkeiten wird immer stärker. Die Akzeptanz durch die Menschen sinkt dagegen immer weiter.
Die anfängliche Euphorie über die tierischen Rückkehrer ist längst einer hitzigen Debatte über den Schutz der Großraubtiere gewichen. Wobei die Wölfe in dieser Hinsicht ganz eindeutig die Nase vorn haben. Naturschützer und Politiker versuchen mit Begleitmaßnahmen wie Zäunen, Herdenschutzmaßnahmen und Gesprächen die aufkommenden Konflikte zu schlichten. Nur: Das wird nicht reichen! Wenn Wölfe in unmittelbarer Nähe zu menschlichen Siedlungsräumen ohne Scheu durch die Lande ziehen und immer mehr Haus- und Nutztiere bestialisch zu Tode beißen, dann ist verstärkter Handlungsbedarf angesagt.
Fakt ist darüber hinaus, dass Bären etwas scheuer sind, aber vor allem die Wölfe im Grunde keine Wälder zum Überleben brauchen. Sie scheuen auch nicht die Begegnungen mit den Menschen. Sie brauchen lediglich Rückzugsgebiete zum Überleben. Für ihren nächsten Beutezug brauchen sie dann ausreichend Beutetiere. Dass die Wahl dabei vor allem auf Haus- und Nutztiere fällt, liegt auf der Hand.
Wir können es also drehen und wenden wie wir wollen, aber es ist an der Zeit, Klartext zu reden. Es geht nämlich um weit mehr als um romantisierte Märchenbilder. Jedes Tier ist wertvoll, aber der Schutz vor Großraubtieren muss im Sinne des Menschen- und allgemeinen Tierschutzes angepasst werden. Das sind wir schon allein jenen Menschen schuldig, die täglich danach trachten, dass es unseren Haus- und Nutztieren an nichts fehlt. Vom Schutz der Menschen ganz zu schweigen.
Ihr Reinhard Weger