Referendums-Verlierer

  

Bei der Volksabstimmung am 29. Mai 2022, wurde darüber abgestimmt, ob die Änderung des Gesetzes zur direkten Demokratie vom 11. Juni 2021 in Kraft treten soll oder nicht. Insgesamt waren 426.944 Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die weitaus größte Mehrheit der Wählerinnen und Wähler hat aber beschlossen, zu Hause zu bleiben. Es gab ein äußerst bescheidenes Ergebnis bei der Wahlbeteiligung. Lediglich 22,7 Prozent der Wahlberechtigten gingen zur Urne, was in Summe 87.929 Abstimmende ausmachte. Von diesen stimmten 70.842 (76 Prozent) mit „Nein“ und wollten also keine Änderung am betreffenden Gesetz. Exakt 22.387 Personen stimmten hingegen mit „Ja“, was 24 Prozent der Stimmen ausmacht. Einzig bei der Briefwahl lagen die Ja-Stimmen mit 57,4 % vorne. Daraus lässt sich ableiten, dass es vor allem den Oppositionsparteien gelungen ist, ihre Anhänger zu mobilisieren. Die Oppositionsparteien warben ausnahmslos für das „Nein“.  

 

Die Oppositionsparteien feierten den Ausgang des Referendums, das keiner Beteiligungshürde unterworfen war, dann auch als Erfolg und Sieg für die Demokratie. Die Südtiroler Volkspartei (SVP) und die Lega, die zur Änderung am entsprechenden Gesetzentwurf – also zum „Ja“ – aufgerufen hatten, argumentierten, dass das (erwartete) Wahlergebnis zu respektieren sei und führten aber zugleich ins Feld, dass das Gesetz nun im Südtiroler Landtag verbessert werden müsse. Wesentliche Kernpunkte betreffen die Abschaffung des bestätigenden Referendums, die Abschaffung des Passus zur Sprachgruppensensibilität und die Möglichkeit, das Büro für politische Bildung an einer wissenschaftlichen Institution wie der Eurac anzusiedeln. Zudem sollen rund 50 sprachliche und formale Mängel behoben werden. Gerade die Angst vor den „berüchtigten Dreihundert“ (Brigitte Foppa), welche für ein halbes Jahr ein entsprechendes Gesetz lahmlegen könnten, sorgt für Bedenken bei den Mehrheitsparteien. Die Oppositionspolitikerinnen und -politiker haben für diese Ängste jedoch nur ein müdes Lächeln übrig. 

 

Das Gesetz über die direkte Demokratie, Partizipation und politische Bildung ist mit Sicherheit ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Denn die Bevölkerung will nicht nur aktiv eingebunden werden, sondern in wichtigen Fragen auch konkret mitreden. Das macht die Partizipation zu mehr als einer reinen Alibi- und Feigenblattaktion. Das Büro für politische Bildung, der Bürgerrat, die Vereinfachung von Fragestellungen und die Pflicht zu einer ausgewogenen Information sind Themen, die noch stark ausbaufähig sind. Bereits die Fragestellung über das jüngste Referendum hat ja gezeigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Denn kaum jemand hat verstanden, um was es konkret ging. 

 

Daraus resultierte letztlich die extrem niedrige Wahlbeteiligung. Das aber ist ein Verlust für uns alle! Für Opposition und Regierungsparteien gleichermaßen. Denn je niedriger die Wahlbeteiligung, umso höher ist der Vertrauensverlust in die politischen Akteure, in die Parteien und in das politische System selbst. Das jedoch beschädigt auf Dauer nicht nur die Demokratie, sondern letztlich die Gesellschaft als Ganzes!  

 

            

Ihr Reinhard Weger

 

Zusätzliche Informationen

Diese Seite verwendet Cookies!

Durch die Nutzung der Website stimmen Sie zu, dass Cookies gespeichert werden. Mehr darüber

Ich verstehe