Politik als Geschichte von Morgen

  

Die Regierungsbildung in Südtirol ist nun endlich abgeschlossen. Obwohl Arno Kompatscher gebetsmühlenartig wiederholte, stets „im Zeitplan zu sein“, werden viele politische Beobachtende das Gefühl nicht los, dass Sand im politischen Getriebe steckt. Nicht zu Unrecht. Denn die Serie an „Pleiten, Pech und Pannen“, wie die Kollegen der „Neuen Südtiroler Tageszeitung“ schreiben, ist beachtlich. Angefangen von der Entscheidung, ob es eine Elfer- oder Achter-Regierung geben sollte, bis hin zum Tauziehen um den zweiten italienischen Landesrat und die vielen Personaldiskussionen in den letzten Tagen und Wochen. Bei vielen Mitmenschen hat das abermals ungläubiges Staunen und zum Teil auch großen Ärger verursacht. Dass dabei einmal mehr Kompatscher in den Strudel geraten ist und zum Teil auch hart kritisiert wurde, lag auf der Hand. Ob er es sich auch verdient hat, steht auf einem anderen Blatt Papier geschrieben. 

 

Ich kann mir allerdings beim besten Willen nicht erklären, warum es so ein arges Hickhack um bestimmte Positionen gegeben hat. Denn die Bildung der Landesregierung wurde durch das Wahlergebnis eigentlich zum Großteil vorweggenommen. Dass man an bestimmte politische Vertreter schlicht nicht herumkommt, stand ja schon unmittelbar nach den Wahlen fest. Zudem ist die Elfer-Regierung im Grunde ein Geschenk. Mehr Leute im Team sollten auch mehr schaffen können und die Herausforderungen werden auch nicht gerade weniger. Das sollte uns auch klar sein. Dass Kompatscher darüber hinaus „seinen getreuen Gefährten“ Arnold Schuler trotz seines miserablen Wahlergebnisses auch weiterhin als Landwirtschaftsreferent an seiner Seite auf der Regierungsbank haben wollte, spricht zwar für Kompatscher als Mensch, aber gegen ihn als Politiker. Denn die Bauern, die bei den Wahlen der SVP scharenweise den Rücken gekehrt hatten, wollten Schuler als Landwirtschaftsreferent schlicht nicht mehr haben. Und zwar quer durch die Bank. Das hat nichts mit dem Bauernbund zu tun, sondern mit gesundem Menschenverstand und vor allem mit der Stimme des Volkes. 

 

Politik macht man aber nur mit und für das Volk! Anders wird es auf Dauer nicht laufen. Daher ist es wichtig, wieder mehr die Antennen auszufahren, den Kontakt mit den Menschen intensiv zu suchen und auch kritische Themen anzusprechen und nicht – was für eine Unart! – einfach auszusitzen. In den letzten Wochen waren auch vermehrt kritische Stimmen über die Bildung der Mitte-Rechts-Koalition zu hören. Es muss klar sein, dass das Abbiegen nach rechts bei vielen Menschen auch Ängste auslöst. Dem muss man sich stellen. Ohne weitere Ängste zu schüren, aber mit Demut und vor allem auf Augenhöhe. Hetze, Häme und persönliche Anfeindungen sollten in der Politik ohnehin keinen Platz haben. Dazu gehört auch, dass Menschen – auch Politiker sind Menschen! – nicht schlecht gemacht werden sollen. Das gilt allerdings auch für die politisch Tätigen selbst. Denn zumeist sind es vor allem politische Mitbewerberinnen und -bewerber, die sich gegenseitig in die Pfanne hauen, wie man so schön sagt. Beispiele dafür gibt es massenhaft und diese sind auch dokumentiert. Wir sollten uns aber bewusst sein, dass die Geschichte zwar die Politik der Vergangenheit aufzeigt, aber die Politik von heute die Geschichte von morgen erzeugt. Daran sollten wir uns stets messen! 

     

      

Ihr Reinhard Weger
     

 

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