Auskommen mit dem Einkommen?
Stefan Perini, der Präsident des AFI-Institutes, hat vor kurzem einen Rückblick über die soziale und wirtschaftliche Situation im Land gegeben. Die gute Nachricht zuerst: Bei uns läuft der Wirtschaftsmotor rund. Die Wirtschaft in Europa befindet sich ebenfalls auf einem moderaten Wachstumskurs, lediglich die Deutschen und die Österreicher schwächeln – was jedoch schlecht für unser Land ist. Dennoch gab es einen massenhaften Andrang von Tagestouristen am letzten Feiertags-Wochenende. Das bekamen nicht zuletzt die Pragser zu spüren, die sich über die nicht enden wollende Autoschlangen maßlos ärgerten. Das hat aber weniger mit Übertourismus, als vielmehr mit grenzenlosem Tagestourismus zu tun. Aber das ist ein anderes Thema. Der Tourismus selbst steuert übrigens abermals auf ein weiteres Plus zu und die Exporte halten – zumindest noch. Denn die Probleme im deutschen Sprachraum sind nicht zu übersehen.
Wir haben im Land erfreulicherweise Vollbeschäftigung. Viele Betriebe suchen nach wie vor händeringend nach Fachkräften. Die Arbeitslosigkeit ist auf einem Rekordtief und auch die Inflation hat sich nach den gewaltigen Ausschlägen im Zuge der Ukraine- und Energiekrise wieder halbwegs normalisiert. Nun ja, man muss differenzieren. Denn die Preise bleiben in bestimmten Sektoren einfach zu hoch, obwohl die Gründe für die verschiedenen Preissteigerungen längst nicht mehr vorhanden sind. Damit stellt sich die Frage, ob nicht da und dort versteckte Preiserhöhungen das Geld in den verschiedenen Kassen klingeln lassen. Die hohen Lebenshaltungskosten führen im Umkehrschluss dazu, dass sich immer mehr Arbeitnehmende große Sorgen über die finanzielle Stabilität machen. Eine AFI-Studie hat ergeben, dass 48 Prozent der befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gar nicht schaffen werden, sich in den nächsten 12 Monaten etwas auf die Seite zu legen. Gleich 40 Prozent der Befragten gaben zudem offen zu, mit dem Einkommen nicht oder nur mit Mühe über die Runden zu kommen. Klar, dass der entsprechende AFI-Vertrauensindex – immer was den Lohn betrifft – mit der Kennzahl -14 in ein absolutes Allzeittief gerutscht ist. Nur zum Vergleich: Im Jahr 2021 lag dieser Wert noch bei +17!
Damit ist klar, dass die Situation mehr als prekär ist und die Folgen der Teuerungswelle keinesfalls überwunden sind. Ganz im Gegenteil! Der Brunecker Georg Plaikner, SBG-CISL-Präsident und Mann für klare Worte, hat vor kurzem einen monatlichen Nettolohn von durchschnittlich 2.000 Euro gefordert, damit die Menschen ein ordentliches Leben führen können. Tatsache ist nämlich, dass rund 70 Prozent der Mitarbeitenden in der Privatwirtschaft wesentlich weniger verdienen. Im öffentlichen Sektor trifft das auf immerhin die Hälfte der Menschen zu. Damit ist auch klar, dass vor allem die Mittelschicht immer mehr in Bedrängnis kommt, weil diese Menschen überall durch den Rost fallen. Es braucht also ein starkes Engagement von Seiten der hohen Politik zur Steigerung der Lohnkraft und zur Sicherung der Lebenssituation. Dabei geht es nicht nur um die reine Steigerung der Löhne! Das ist viel zu kurz gegriffen. Es braucht einen ganzheitlichen Ansatz, damit wir die drohende Armut wirksam bekämpfen und auch den Menschen gute Perspektiven bieten können. Nur so wird ein Auskommen mit dem Einkommen auch langfristig möglich sein.
Reinhard Weger