Mehr Geld und mehr Wertschätzung
Seit geraumer Zeit läuft eine beispiellose basisdemokratische Aktion, die derzeit nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Südtiroler Bevölkerung beschäftigt. Die Initiative der Arbeitsgemeinschaft „Audit Familie und Beruf“ der Stadtgemeinde Bruneck hat nämlich eine Petition gestartet, die sich an den Südtiroler Landtag richtet. Darin wird klar gefordert, dass die Gehälter aller öffentlich Bediensteten ab sofort der realen Inflation in Südtirol angepasst werden. Mehr als 13.000 Menschen – davon eine Vielzahl aus dem Pustertal – haben mit ihrer Unterschrift das Vorhaben bereits unterstützt. Die Aktion läuft noch bis Ende Dezember. Wir haben daher bewusst ein Zeichen gesetzt und wollten dieses wichtige Anliegen als Titelgeschichte für die aktuelle PZ-Ausgabe aufarbeiten.
Denn was derzeit hinter den Kulissen passiert bzw. nicht passiert, ist nicht annehmbar. Um nicht falsch verstanden zu werden: Es geht nicht um eine Gehaltserhöhung, sondern um eine Anpassung der Gehälter an die reale Inflation im Lande. Diese liegt für den Zeitraum Januar 2019 bis September 2024 laut dem Statistikamt in Bozen bei 21,3 Prozent. Folgerichtig werden Landesverwaltung und auch der Landtag aufgefordert, endlich die Rahmenbedingungen zu schaffen und die erforderlichen Geldmittel im Haushalt der Provinz vorzusehen. Nicht mehr und nicht weniger! PZ-Redakteurin Judith Steinmair hat sich auch emsig bemüht, ein paar Fragen an Gouverneur Arno Kompatscher zu richten. Leider war er wegen der derzeit zähen und schleppenden Autonomieverhandlungen in Rom (dieses Thema hatten wir an dieser Stelle bereits einmal) nicht in der Lage, die Fragen zu beantworten.
Hannes Oberhammer hat Recht, wenn er im Interview aufzeigt, dass es in den vergangenen Jahren kaum Inflationsangleichungen für die Gehälter der öffentlichen Bediensteten gegeben hat. In den letzten sechs Jahren gab es ein Plus von etwas mehr als fünf Prozent, obwohl die Inflation seit 2019 ein Plus von 21,3 bzw. seit 2009 sogar von fast 45 Prozent erreicht hat. Als Vergleich meinte er, dass kein Betrieb oder Geschäft noch mit Preisen aus den Jahren 2009 oder 2019 arbeiten könnte. Der wirtschaftliche Untergang wäre vorprogrammiert. Die Preissteigerungen bei den Rohstoffen und der Energie wurden von Seiten der öffentlichen Hand aber zügig ausgeglichen und auch die Landesrichtpreise bei öffentlichen Ausschreibungen um gut 30 Prozent aufgestockt. Lediglich bei den Menschen geht offenbar nichts weiter. Da stellt sich schon die Frage, ob nicht doch die Weichen und Schwerpunkte mitunter falsch gesetzt werden.
Sonja Hartner, die rührige Chefin der Brunecker Stadtbibliothek, führt ins Feld, dass im Land immerhin 43.500 Menschen im öffentlichen Dienst ihre Arbeit verrichten. Noch! Denn immer öfters bleiben Wettbewerbe ohne Rückmeldungen und können Stellen nicht mehr besetzt werden. Darunter leidet das gesamte System. Es braucht daher in jedem Fall eine strukturelle und dauerhafte Lohnerhöhung – und zwar zügig. Das hat mit Geld, aber noch viel mehr mit Wertschätzung zu tun. Denn Wertschätzung ist kostbar und unbezahlbar zugleich!
Reinhard Weger