Die Tagung der Handelskammer „Zukunftswerkstatt Südtirol“ widmete sich dem Fachkräfte- und Bildungsbedarf in den Sektoren „Maschinenbau“ und „Metallverarbeitung“. Dort werden immer mehr hochqualifizierte Mitarbeiter gebraucht. Sie sind der Schlüsselfaktor, aber auch die Achillesferse.

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WIFo-Direktor Georg Lun           rewe

Die Veranstaltungsreihe „Zukunftswerkstatt Südtirol“ findet jährlich statt und hat den Zweck, wichtige Herausforderungen für die Zukunft Südtirols zu erkennen und zu diskutieren, wie Handelskammer Michl Ebener zu Beginn des Symposiums aufzeigte. Dazu treffen sich lokale Entscheidungsträger und Experten zum gemeinsamen Gedankenaustausch. Heuer war es am sechsten Mai in der GKN Driveline soweit. Es ging um die Herausforderungen im Maschinenbau und in der Metallverarbeitung. Zwei Branchen von großer Bedeutung im Grünen Tal. 

Die wichtigste Erkenntnis der Tagung gleich vorweg: Die Produktivität eines Südtiroler Facharbeiters im Maschinenbau und Metallverarbeitung beträgt im Schnitt 35.715 Euro. Im Vergleich zu den Tiroler und Trentiner Kollegen eindeutig zu wenig. Die Tiroler erwirtschaften 55.100 und die Trentiner mit 54.851 Euro annähernd gleich viel. Südtirol liegt von 218 bewerteten Regionen gerade mal auf Platz 181. Eine richtige Klatsche! 

Statistische Werte sind zwar mit der gebotenen Vorsicht zu genießen, in diesem Fall sagen sie aber mächtig viel über das Schul- und Ausbildungssystem im Lande aus. Derzeit gibt es in diesen Sektoren 11.700 Beschäftigte in 850 Betrieben. Damit steuern die Maschinenbau- und Metallverarbeitungsbetriebe rund fünf Prozent zur Gesamtbeschäftigung im Lande bei. In diesen Branchen werden viele hoch qualifizierte Arbeitskräfte nachgefragt, speziell Ingenieure und Absolventen der Fachschulen werden von den Unternehmen zum Teil händeringend gesucht.

 

Mehr akademische Führungskräfte

Eine Erhebung der Handelskammer hat ergeben, dass in Südtirol der Anteil akademisch gebildeter Führungskräfte geringer als in den nördlichen und südlichen Nachbarprovinzen ist. Dasselbe gilt auch für das Mittelsegment. Nur im Bereich der Hilfsarbeiter hat Südtirol im Vergleich zu den Top-Regionen die Nase vorn. Insofern ist klar, dass es einen großen Innovations- und Qualifizierungsbedarf gibt. Es gilt, Wachstum zu generieren und die Lücke zu den Spitzenregionen zu schließen. Dafür muss der Anteil der Akademiker und der gut ausgebildeten Führungskräfte auf allen Ebenen erhöht werden. Doch Akademiker ist nicht gleich Akademiker. Rund 40 Prozent der Südtiroler Uni-Absolventen haben in einer geisteswissenschaftlichen Fachrichtung promoviert. „Das ist für den Bedarf der Südtiroler Arbeitswelt zu viel“, bringt es Georg Lun, der Direktor des Instituts für Wirtschaftsforschung, auf den Punkt. Viele Stunden studieren also nicht das „Richtige“, um in der Arbeitswelt die vielen offenen und hochwertigen Stellen im Lande dann auch besetzen zu können. 

Auch gut ausgebildete Facharbeiten sind absolut notwendig. Im Rahmen der Tagung wurde daher gefordert, das Berufsbild des „Metallfacharbeiters“ endlich zu definieren und in das Ausbildungssystem zu implementieren. Fakt ist aber, dass der Anteil der Lehrlinge jedes Jahr sinkt. Seit 2005 ist die Anzahl der Lehrlinge um 26 Prozent zurückgegangen. Trotz dualem Ausbildungssystem. 

 

Kritik am politischen und schulischen System 

Der Obmann der Metallbetreibe kämpft seit 25 Jahren um die Verbesserung der Ausbildung in der Branche. „Doch die Politiker schieben alles auf die lange Bank“, wurde bemängelt. Es gelte, die Ausbildung auf eine neue qualitative Ebene zu bringen. Darüber hinaus wurde auch ein weiterer Widerspruch aufgedeckt. Vonseiten der Betriebe – die weitaus größte Mehrheit der Lehrlinge wird von Handwerksbetrieben und kaum von den Industrieunternehmen ausgebildet, was ein weiterer Kritikpunkt war – wird immer wieder gefordert, den theoretischen Unterricht möglichst „schmal“ zu halten. Doch wie soll eine Fachkraft in drei Wochen Theorieunterricht angemessen ausgebildet werden? Ein Ding der Unmöglichkeit! „Da wird auch vonseiten des Handwerkerverbandes eine falsche Politik betrieben“, kritisierte der Direktor der Brixner Berufsschule „Christian Josef Tschuggmall“, Martin Rederlechner. 

Auch die Landesregierung bekam schließlich ihr Fett ab. Es müsse endlich möglich sein, für bestimmte Fächer auch unterschiedliche Tarife zahlen zu können. „Es braucht je nach Branche eine differenzierte Bezahlung“, so Rederlechner. Kein Koch mit langjähriger Erfahrung ist beispielsweise bereit, für gerade mal 1.350 Euro netto pro Monat sein Wissen an der Berufsschule weiterzugeben, wenn er in der Privatwirtschaft mindestens das Dreifache verdient. Es gibt also noch viel zu tun.

rewe

 

 

 

 

 

 

 

 

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