Verkaufsoffene Sonn- und Feiertage? Die Meinungen gehen auseinander

 

Am Hochunserfrauentag (15.08.2015) wagte Bruneck erstmals ein Experiment: Viele Geschäfte blieben geöffnet. Man wolle den Einheimischen und vor allem den vielen Touristen etwas bieten. Für die Kaufleute eine "Notwendigkeit". Sie sprachen in der Folge von einem „großen Erfolg“. Ganz anders die Töne bei den Vertretern der katholischen Kirche. Sie bewerteten die Maßnahme äußerst kritisch. Sowohl Abt Eduard Fischnaller als auch Bischof Ivo Muser gingen hart ins Gericht. Wir haben die Meinungen beider Seiten eingefangen. 

  PRO

 Pro 17

Daniel Schönhuber

hds-Ortsobmann Bruneck

 CONTRA

 Contra 17

Ivo Muser

Bischof

Bruneck gehört bereits seit Jahren laut den renommiertesten Untersuchungen zu den Städten bzw. Orten in Italien mit der höchsten Lebensqualität. Unsere Stadt ist attraktiv und lebenswert – für die heimische Bevölkerung, aber auch für unsere vielen Gäste, die uns vor allem in den Winter- und Sommermonaten besuchen.

Das ist auch gut so, denn viele Menschen in Bruneck (und Umgebung) leben vom Tourismus. Das hat zur Folge, dass auch viele Arbeitsplätze nicht nur im Tourismus geschaffen werden. Denken wir nur an den Handel oder an den vielfältigen Dienstleistungsbereich. Als Tourismusstadt gehört es sich somit auch, dass unseren vielen Besuchern etwas geboten wird. So wie in diesem Sommer, der besonders ereignisreich war. Die vielen Veranstaltungen, die in Bruneck organisiert wurden, haben einen wesentlichen Beitrag für die gute Sommersaison geleistet und waren eine Bereicherung für die Stadt. Die vielen Events haben zahlreiche Besucher in die Stadt gelockt. Die langen Shoppingabende z.B. gelten als absoluter Höhepunkt bei Einheimischen und Gästen und finden großen Anklang.

Zu diesem Angebot an die Besucher hat heuer auch der 15. August mit den offenen Geschäften gehört. Der Einzelhandel sieht diesen verkaufsoffenen Tag vor allem als Dienstleistung an die vielen Touristen. Die Stadt ist einladend, lebendig und begrüßt auf diese Art und Weise die Gäste.

Die heimische Kaufmannschaft ist sicher nicht für eine totale Liberalisierung der Geschäftsöffnungszeiten. Viele Klein- und Familienbetriebe wären nicht in der Lage, diesen Schritt zu halten. Auch Familien brauchen ihren Freiraum. Aber in Orten mit hohem Tourismusaufkommen macht es durchaus Sinn, gezielte Ausnahmen vorzusehen – wie es heuer der 15. August in Bruneck gezeigt hat.

In seiner Generalaudienz vom 12. August 2015 sagte Papst Franziskus: „Wir dürfen keine Sklaven der Arbeit sein. Die Profitbesessenheit und Leistungsorientierung gefährden heute oft den Rhythmus des menschlichen Lebens. Die Zeit der Erholung, vor allem am Sonntag, dient unserem Wohl. Sie darf ihrerseits nicht durch die Ideologie des Konsums zu einem Geschäft verkommen, sodass uns der Drang zu konsumieren am Ende müder zurücklässt als vorher. Die Zeit des Festes ist heilig, weil in ihr Gott auf besondere Weise wohnt.“ 

Seit Jahren erfolgt eine schleichende Aushöhlung und Abwertung unserer Sonntags- und Feiertagskultur. Die Diskussion um offene Geschäfte am 15. August, dem Hochfest der Aufnahme Mariens in den Himmel, veranlasst mich erneut zu einer Bitte, die ich an alle Kaufleute, an die politisch Verantwortlichen und nicht zuletzt an jeden und jede von uns richte: Aus tiefer Überzeugung bitte ich um einen klaren und entschiedenen Einsatz für die „Zeit des Festes“ (Papst Franziskus), weil der Sonntag und unsere Festtage, die befreit sind von allen nicht notwendigen Arbeiten, einen unschätzbaren Wert darstellen, den es wieder zu entdecken und zu schützen gilt - auch gegen Widerstände und Privatinteressen - und der der gesamten Gesellschaft zum Vorteil gereicht. Wir brauchen den Sonntag und unsere Festtage mit ihren sozialen, familiären, kulturellen und religiösen Chancen!

Wir Menschen brauchen mehr und sind mehr als Konsum, klingende Kassen, Hektik und pausenlose Betriebsamkeit. Der Mensch darf sich nicht selbst reduzieren auf das Tun, auf das Leisten, auf das Konsumieren und auf das Haben. Wir brauchen auch mehr als individuelle, private Freizeit. Durch den öffentlichen Schutz unserer Sonn- und Feiertage gewinnen und verdienen wir letztlich alle!


 

 

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