Sprach-Kenntnisse bieten echte Chancen für das Leben. Das gilt im Besonderen für die zweite Landessprache. Doch die Italienischkenntnisse der Pustertaler Oberschüler sind in vielen Bereichen verbesserungswürdig. Daher gibt es nun eine neue Initiative: An den Oberschulen können Italienisch-Sprachenzertifikate erworben werden. Selbst die Doppelsprachigkeitsprüfung kann nun in Bruneck abgelegt werden.

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Professor Raffaele Vaccarin

In wahnwitzigem Tempo hat sich die Computertechnik in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt. In noch wahnwitzigerem Tempo verändert sich derzeit die europäische Gesellschaft. Aus aller Herren Länder strömen Millionen Menschen herein; auch in entlegensten Dörfern hört man die fremden Laute der Zuwanderer. Sie wohnen mit uns Tür an Tür. Viele von ihnen sprechen zahlreiche Sprachen. Nur Deutsch und Italienisch zu können ist nicht mehr genug.  

 

Verstehen wir die Welt nicht mehr?

Zugleich wird man Tag für Tag vollgedröhnt durch Lautsprecher, Fernsehen und Internet. Allgegenwärtig ist die lästige Werbung auf dem Smartphone. Die Abendnachrichten verdienen die Bezeichnung “Information“ nicht, sind ein gut geschminktes Manipulationsinstrument. Wie oft hatten Sie, liebe Leser, in den letzten Monaten das Gefühl, die Welt nicht mehr zu verstehen?

Auch junge Leute sind häufig staunende Zuschauer und nicht mehr in der Lage, sich in diesem Medien-, Kommerz- und Völkergewirr zu orientieren. Lüge und Wahrheit haben die gleiche Färbung – nicht zufällig im Reim mit Werbung. Zur Orientierung reicht der kritische Umgang mit Medien nicht mehr aus. Die Kenntnis vieler Sprachen und Kulturen ist wichtiger denn je. 

Unser Leben, wir selbst werden in der Massengesellschaft standardisiert, wird über einen Kamm geschoren. Nicht nur Auto- und Computerteile sind überall gleich, auch Intelligenz und Können werden an vorfabrizierten Messlatten gemessen. Amerikanische Denkmuster, die die Ausbildung zu Spezialisten, ja Fachidioten favorisieren, stülpt man uns über. Mit dem eigenen Kopf zu denken, passt nicht ins Schema.

 

Prüfungen und Test im Wandel

Prüfungen und Tests zur Feststellung sprachlicher Fertigkeiten wurden bereits entsprechend umgestaltet. Ein Europäischer Referenzrahmen entstand. Mit seiner Hilfe misst man die sprachlichen Fertigkeiten, nicht die Bildung. Viele Kandidaten sind mit den neuen Prüfungs- und Testmethoden nicht vertraut, tun sich bei den Prüfungen daher schwer. Die Testverfahren wurden mechanisiert, in Zahlensysteme umgewandelt, die Bewertung der Multiple-Choice-Aufgaben könnte anstelle der Kommissare auch ein Computer vornehmen. Wer nicht gezielt auf diese Art von Tests vorbereitet ist, hat schlechte Karten. 

 

Italienisch verbessern

Hier klinkt sich nun die Oberschule ein, will den Schülern bei der Bewältigung der Prüfungen helfen. Das Deutsche Schulamt hat mit dem Istituto Dante Alighieri (PLIDA - Progetto Lingua Italiana Dante Alighieri), eine Konvention zur Abhaltung der Italienisch-Prüfungen an der Peripherie abgeschlossen. Oberschüler können den Italienisch-Test für das Sprachenzertifikat jetzt auch in Bruneck ablegen. Zugleich verfolgt man das Ziel, auch den Italienisch-Unterricht selbst zu verändern. Die Unterrichtsstunden sollen nicht mehr vorwiegend dem Studium von Klassikern wie Manzoni oder Dante dienen, sondern mehr Gelegenheit und Ansporn zu aktiver Verwendung der italienischen Sprache bieten. Die Vorbereitung, das Prüfungstraining für die Tests der Zertifikats- und der Zweisprachigkeitsprüfungen werden ganz oder teilweise in den Unterricht eingebaut. 

Diese Arbeit kann die Familie zu Hause verständlicherweise nicht leisten. Schule und Prüfungen waren zur Schulzeit der Eltern vor 15 bis 20 Jahren noch völlig anders. Man kann für die Kinder aber von klein auf viel tun, indem man sie mit mehreren Sprachen in Kontakt bringt und ihnen die Wichtigkeit des Sprachenlernens vermittelt. „Italienisch - nein, danke?“ Diese Haltung ist von vorgestern!  

 

Alle Schulen ziehen mit

Sämtliche Pustertaler Oberschulen haben sich inzwischen der vom Schulamt unterzeichneten Konvention angeschlossen. Zweimal im Jahr kann ein Schüler die PLIDA
-Prüfung in Bruneck ablegen. Gegen Gebühr, denn das Dante-Alighieri-Institut ist eine private Einrichtung und muss sich selbst finanzieren. 

Zurzeit werden im Pustertal die Italienisch-Tests für die Niveaus B2 und C1 des Referenzrahmens abgenommen. Sie entsprechen der Zweisprachigkeitsprüfung B und A. Den bürokratischen Ablauf von der Einschreibung bis zur Prüfung selbst koordinieren dankenswerterweise freiwillig Lehrpersonen, vor allem Professor Raffaele
Vaccarin und Professor Günther Walder. Nach der Prüfung gehen die Arbeiten der Kandidaten an die PLIDA-Zentrale in Rom, werden dort korrigiert und vom System automatisch bewertet. 

 

Zweitsprachenjahr

Abschließend sei noch auf eine andere, sehr gute Möglichkeit zum Lernen der „anderen“ Landessprache erwähnt: das Zweitsprachenjahr. Ein ganzes Schuljahr in einer Schule der anderen Sprachgruppe stellt eine hervorragende Chance dar, Tag für Tag, ohne Zusatzkosten. Sozusagen ein Gratis-Auslandsjahr zu Hause. 

So interessante, auf dem Silbertablett gebotene Möglichkeiten zum Lernen und zum Erwerben von Qualifikationen, die auch außerhalb der Landesgrenzen anerkannt sind, gibt es nicht überall. Die Jugendlichen sollten aber begreifen, dass es sich lohnt, sie zu nutzen und sich ins Zeug zu legen. In einer mobilen, globalisierten Welt kommt man um die Mehrsprachigkeit einfach nicht mehr herum. Je früher man Sprachen lernt, desto besser!   

Margareth Berger

 

Infos

Die Organisationsweise der Prüfung weist gegenüber der Zweisprachigkeitsprüfung aber einige Vorteile auf: 
- Man muss nicht beide Sprachprüfungen am selben Tag ablegen und tritt zur Prüfung  in der anderen Landessprache zu einem anderen Termin und bei einer anderen Organisation an;
- geht nur ein Teil der Prüfung schief, kann man diesen Teil in der nächsten Session ausbügeln, ohne die ganze Prüfung zu wiederholen. 

 

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