Pflichtschule, Oberschule, Matura, Beruf, Karriere - so sieht der klassische Weg eines jungen Südtirolers aus. Manche gehen ihn anders, wie der 28-jährige  Michael Engl aus Kematen bei Sand in Taufers.

BS160101a

Michael Engl aus Kematen    mg

Nach der Mittelschule war Michael Engl erst einmal orientierungslos. Er wusste nicht so recht, was er in Zukunft tun sollte. Also besorgte ihm sein Vater eine Lehrstelle als Fliesenleger. Nach dem Abschluss der Berufsschule übte er noch neun Jahre diesen Beruf auf. Dennoch wusste er, dass er letztlich „etwas anderen tun“ möchte. Vor allem die Matura möchte er nachholen. Dank der neuen Berufsmatura tun sich auch diesbezüglich neue Chancen auf, die Engl beim Schopf packte. Er hat die vierte Klasse der Bautechniker am Berufsbildungszentrum in Bruneck bereits erfolgreich absolviert und sitzt mittlerweile mit 16 anderen jungen Männern in einer Schulbank um  sich auf den Abschluss, die Matura, vorzubereiten.

Dabei ist er nicht unbedingt der „klassische“ Schüler. Denn er ist mittlerweile Wohnungseigentümer, Autobesitzer und lebt in einer Beziehung. Das stört ihn nicht – und die Mitschüler schon gar nicht. Wir haben kurz nachgefragt.

 

PZ: Michael, wie kam  es zu dieser Entscheidung?

Ich habe immer gewusst, dass mich der Beruf des Fliesenlegers nicht ganz befriedigt und  habe nach Möglichkeiten gesucht, auch etwas für den Kopf zu tun. Den mühsamen Weg der Abendschule wollte ich mir nicht antun - ich habe von Leuten gehört, dass dies der pure Stress sei. Und so habe ich mich für diese Form der Weiterbildung, die klassische Schule, entschieden.

Wie hast du den Umstieg von Arbeit auf Schule geschafft?

Am Anfang habe ich gedacht, ich bin im falschen Film! Aber da ich sehr ehrgeizig bin, habe ich mit viel Einsatz den richtigen Rhythmus gefunden. Ich bin ja teilweise fast zehn Jahre älter als meine Klassenkameraden, aber ich konzentriere mich auf den Unterricht und komme so ganz gut zurecht. Mit den Mitschülern habe ich ein sehr gutes Verhältnis. Bei manchen Scherzen merke ich dann aber doch, dass ich um einiges älter bin, aber eigentlich ist die Stimmung in der Klasse sehr positiv. Gewöhnungsbedürftig war der Umgang mit den Professoren, die ich teilweise auch aus meinem privaten Leben her kenne. Die Distanz, die sich aus dem Verhältnis Schüler - Professor ergibt, war für mich am Anfang nicht sichtbar.

Wo hast du die größten Schwierigkeiten vorgefunden?

Die größten Schwierigkeiten hatte ich in den Sprachfächern: Italienisch und vor allem Englisch – da habe ich im Grunde bei Null angefangen; ich hatte vorher ja noch kein einzige Stunde Englischunterricht. Aber mit Fleiß und Einsatz habe ich die Defizite teilweise aufgeholt. Ich habe mir Lernprogramme aufs Handy geladen und jede freie Minute – z.B. beim Busfahren – in diese Sprache investiert. Mittlerweile weiß ich, dass mein Ziel ein erfolgreicher Abschluss ist und bin sicher zielstrebiger und erfolgsorientierter als andere.

Welche Pläne hast du für die Zeit nach der Matura?

Ein weiteres Studium kann ich mir schon vorstellen, allerdings sollte es berufsbegleitend sein.  Ich  muss mir den Lebensunterhalt selbst verdienen, die Zeiten des elterlichen Taschengeldes sind vorbei… (lacht).  Mir würde eine Tätigkeit  im sozialen  Bereich gefallen. Vielleicht ergibt sich in dieser Hinsicht etwas.

Running Gag unter deinen Schulkollegen: wer geht zum Elternsprechtag?

Da geh ich selber hin!

Interview: Monika Gruber

 

Zusätzliche Informationen

Diese Seite verwendet Cookies!

Durch die Nutzung der Website stimmen Sie zu, dass Cookies gespeichert werden. Mehr darüber

Ich verstehe