Noch bis zum 28. Mai steht das Programm im Stadttheater Bruneck ganz im Zeichen des Tiroler Autors und Schauspielers Felix Mitterer. Mit dabei sind eine ganze Reihe von Theatergrößen wie Julia Gschnitzer, Peter Mitterrutzner und Krista Posch. Und natürlich Felix Mitterer selbst.
PZ-Redakteurin Judith Steinmair im Gespräch mit Peter Mitterrutzner
Felix Mitterer, Jahrgang 1948, ist seit 1977 als freier Theater-, Hörspiel- und Drehbuchautor erfolgreich. Unvergessen sind seine mehrteiligen Filme „Verkaufte Heimat“ und die „Piefke-Saga“, legendär auch seine spannenden Tatort-Drehbücher. Neben seiner literarischen Tätigkeit stand er auch häufig selbst auf der Bühne. Im Jahre 2012 gab er nach fast dreißig Jahren erstmals wieder als Schauspieler sein Stelldichein, und zwar bei den Tiroler Volksschauspielen in Telfs in der Rolle des Affen Rotpeter in der Dramatisierung der Erzählung „Ein Bericht für eine Akademie von Franz Kafka“. Er selbst bezeichnet sich als „Tiroler Heimatdichter und Volksautor“ und führt mit seinen Werken, die sich oft einer mundartlichen Kunstsprache bedienen, die Tradition des Volksstücks fort. Dabei greift er meist problematische und kontroverse Themen auf, und seine Protagonisten sind oft sozial isolierte Außenseiter.
Die Suche nach der Menschlichkeit
Wie in seinem ersten Theaterstück „Kein Platz für Idioten“, mit der die Mitterer-Wochen im Stadttheater eröffnet wurden. In der berührenden Eigenproduktion unter der Regie von Klaus Rohrmoser geht es um einen geistig behinderten Bauernburschen, der für die Eltern nur eine Belastung im harten Arbeitsalltag darstellt und von ihnen als Idiot behandelt, geschlagen und abgelehnt wird. Ebenso wie von der Dorfgemeinschaft, die in ihm eine potentielle Peinlichkeit für den sich anbahnenden Tourismusaufschwung sieht. Nur ein alter Hilfs-Arbeiter auf dem Hof nimmt sich des Jungen an und dringt durch seine liebevolle, menschliche Art zu dem Buben durch. Der zurückgebliebene Junge ist auf dem besten Weg sich weiterzuentwickeln, als die perfide Art des Menschen einmal mehr unter Beweis stellt, dass leider Hoffnungen nicht immer erfüllt werden...
Die beiden Hauptdarsteller Peter Mitterrutzner (der alte Mann) und der Osttiroler Lucas Zolgar (der Junge) spielen diese Interaktion dermaßen authentisch und ergreifend, dass beim Premierenpublikum mehrheitlich offensichtlich Tränen flossen. Damit sei auch die Aussage widerlegt, dass das Stück mittlerweile an Aktualität verloren habe, schließlich würden Menschen mit Behinderung heutzutage nicht mehr ausgegrenzt. Doch bis es keine Formen der Diskriminierung jeglicher Art auf dieser Welt mehr gibt und Menschlichkeit und ein würdevoller Umgang mit Andersartigen Selbstverständlichkeit sind, versetzen Stücke wie diese – zum Glück- unser Bewusstsein in einen Schockzustand. Und die jüngsten Ereignisse, gerade auch im Zusammenhang mit der Flüchtlingswelle in Europa, belehren uns ja eines Besseren...
jst
PZ-Redakteurin Judith Steinmair hat sich mit Peter Mitterrutzner, der zum ersten Mal seit fünfzehn Jahren wieder in Südtirol auf der Bühne steht, in der Künstlergarderobe des Stadttheaters Bruneck zum Gespräch getroffen. Seit über vierzig Jahren ist Mitterrutzner im Theater und Film zu Hause und gilt mit seinen über siebzig Jahren als DER Volksschauspieler in Südtirol. Im Jahre 1942 in Albeins bei Brixen geboren war Peter Mitterrutzner zunächst Schriftsetzer beim R. Oldenbourg Verlag und bis 1995 Druckereileiter beim Athesia Verlag. Bis er seine Leidenschaft endgültig zum Beruf machte.
PZ: Herr Mitterrutzner, wann haben Sie Ihre Begeisterung für die Schauspielerei entdeckt?
Peter Mitterrutzner: Nach meiner Lehre war ich einige Jahre in München, und habe im Zuge meiner Arbeit bei einem Verlag den damaligen „Star“ Ludwig Schmid-Wildy (Anm. der Redaktion: deutscher Volksschauspieler und „Ur-Vater“ der Münchner Schauspielkunst) kennengelernt, der zu mir irgendwann sagte: „Peter, aus dir müssen wir unbedingt einen Schauspieler machen!“ Ich wollte das eigentlich gar nicht, ich habe dann zwar Schauspielunterricht genommen, aber eigentlich nur so nebenbei, aus Spaß und Freude und irgendwie bin ich dann reingeschlittert... Natürlich habe ich in jenen Jahren das vielfältige kulturelle Leben und Programm einer großen Stadt genossen und mich dafür interessiert, aber dass ich tatsächlich Schauspieler werde war kein echtes Ziel von mir, sondern schlichtweg Schicksal...
Die Rittner Sommerfestspiele sind unweigerlich mit dem Namen Mitterrutzner verbunden? Wie lange haben Sie dort gespielt?
Ich habe sie zusammen mit Bruno Hosp gegründet und habe dann 30 Jahre kontinuierlich am Ritten mitgewirkt, als Schauspieler und als Regisseur, bis ich dann auf Drängen von Hans Brenner (Anm. der Redaktion: österreichischer Schauspieler und Mitinitiator der Tiroler Volksschauspiele in Telfs) nach Telfs bin – und das hat sich dann als das Sprungbrett entpuppt.
Nicht zuletzt wegen Ihrer Begegnung mit Ruth Drexel?
Genau, als Intendantin hat sie mich dann nach München ins Volkstheater geholt und dort bin ich jetzt seit über fünfzehn Jahren kontinuierlich, das heißt, mittlerweile natürlich in Abstimmung mit den diversen Drehaufnahmen, die ich habe. Das bedeutet, dass ich versuche in zwei bis drei Produktionen in der Spielzeit dabei zu sein. Zum Glück kann ich es mir mittlerweile aussuchen.
Neben dem Theater sind Sie auch Sprecher von zirka 150 Hörspielproduktionen und haben in zahlreichen Fernsehproduktionen mitgewirkt, unter anderem in vielen Tatorten, bei „Vier Frauen und ein Todesfall“ oder bei „Der Bulle von Tölz“ um nur einige zu nennen. Wofür schlägt Ihr Herz mehr, fürs Theater oder für Film und Fernsehen?
Allein in den vergangenen zehn Jahren habe ich in gut und gerne sechzig Fernseh- und Filmproduktionen mitgewirkt und es bereitet mir große Freude, weil man Land und Leute kennenlernt und in wunderschöne Gegenden kommt, die man sonst nie sehen würde. Aber die große Herausforderung für einen Schauspieler ist immer die Bühne! Ein Fehler auf der Bühne wird nicht verziehen, beim Film kann man das ja ausbügeln.
Können Sie Kollegen und/oder Regisseure benennen, mit denen Sie besonders gerne zusammenarbeiten oder die Sie besonders inspiriert haben?
Da fällt mir sofort Karin Brandauer ein - leider viel zu früh verstorben- mit der ich damals bei „Verkaufte Heimat“ zusammengearbeitet habe. Sie war für mich eine große Künstlerin und ein Vorbild. Interessanterweise wird der Film in Österreich und in Bayern überall in den Schulen als Lehrmaterial gezeigt, und deshalb erkennen mich auch oft die ganz jungen Leute. Und im Theaterbereich ist die Zusammenarbeit mit dem Intendanten des Volkstheaters München, Christian Stückl, ein wahres Erlebnis. Er ist derzeit der gefragteste Regisseur im deutschsprachigen Raum.
Stichwort „Felix Mitterer Wochen Im Stadttheater Bruneck“ – welchen Stellenwert nimmt Mitterer bei Ihnen ein?
Felix Mitterer hat einmal bei seiner Festrede anlässlich seiner Geburtstagfeier in Wien gesagt, dass der Mitterrutzner der Schauspieler sei, der am meisten Stücke von ihm gespielt hätte. Das wusste ich bis dato auch nicht. Daraufhin hat sich an diesem Abend übrigens die Julia Gschnitzer „beschwert“, dass ich schon so viel von ihm gespielt hätte und sie noch gar nichts, worauf Felix geantwortet hat: „ Für euch zwei schreib ich was.“ Und drei Wochen später hat uns der ORF angerufen, der Mitterer hätte ein großes Hörspiel für uns beide geschrieben. Das war dann „Mein Ungeheuer“, das wir später dann auch als Bühnenfassung herausgebracht haben.
Auch mit über siebzig Jahren denkt man in Ihrem Beruf noch lange nicht an die Pension, oder?
Nun ja, im Alter grenzt sich die Auswahl an Rollen schon ein wenig ein, aber das bekümmert mich nicht, Theater ist nicht der Inbegriff des Lebens, es gibt so viele wunderschöne Sachen, die man leben und erleben kann, Theater ist nur eine davon. Ich bin also nicht traurig, wenn es irgendwann weniger werden würde, momentan ist es aber nicht der Fall!
Interview. Judith Steinmair
Weitere Termine im Rahmen der Mitterer-Wochen:
- 20. Mai: „Mein Ungeheuer“ Eine szenische Lesung mit Julia Gschnitzer und Peter Mitterrutzner (Siehe Bericht: DAS Hörspiel, das ihnen Mitterer auf den Leib geschrieben hat!)
- 21. & 22. Mai: „Ein Bericht für eine Akademie“ von Franz Kafka in der Fassung von Felix Mitterer (Mit Felix Mitterer selbst als Affe auf der Bühne des Stadttheater Bruneck!)
- 26. Mai: „Glaube Liebe Hoffnung“ Eine szenische Lesung mit Krista Posch (Südtiroler Schauspielerin, nicht zuletzt bekannt durch die umstrittene Uraufführung von Mitterers „Stigma“)
- 27. & 28. Mai: „Sibirien“ von Felix Mitterer mit Peter Mitterrutzner (Mitterrutzner vom Feinsten!)
Weitere Informationen unter www.stadttheater.eu