Beim Bezirks-Informationstag des Bauernbundes, am 15. April, in Bruneck, ging’s einmal mehr um die Wurst. Für die Bauern ist das die Milch. Nein, die Situation ist keineswegs alarmierend. Südtirols Milcherzeuger stehen im internationalen Vergleich gut da. Gegenstand weiterer Überlegungen waren die Güterwege und deren agrarfremde Nutzung; die Förderung der Berglandwirtschaft; die Erschließung von Almen zwecks deren Bewirtschaftung; das Stabilitätsgesetz samt dessen unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen auf den Agrarbereich; und selbstverständlich kam ein so breites Spektrum nicht ohne Flugplatz aus. 400 Saalgäste und ein prominentes Podium verliehen dem Ganzen eine hochfliegende Note.

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Um die 400 Teilnehmer waren im großen Saal des Michael-Pacher-Hauses zu Bruneck       wpz 

„Wir brauchen ein mentschen, wo die notleidende landwirtschaft kent, ein mentschen der ein schönen breis fier die millch herausschlagt“.  An solchen Menschen fehlt es den Südtiroler Milchhöfen ganz offensichtlich nicht. Einer davon saß mit Joachim Reinalter, dem Obmann des Sennereiverbandes, in der ersten Reihe mit der Politprominenz. Dass er „für die millch ein schön breis herausschlagt“, das belegen die stattlichen Auszahlungspreise, wovon Milchproduzenten anderer Regionen nur träumen können. 

Die vorangestellte Management-Richtlinie aus den Filserbriefen  trifft den Nagel selbst nach 100 Jahren noch auf den Kopf. Denn auf dem Informationstag stand das „Weiße Gold“ und dessen schicksalhafter Gang einmal mehr im Mittelpunkt. „Die Milch“, so beispielsweise der Europaparlamentarier Herbert Dorfmann, „bildet nach wie vor das zentrale Einkommen der Bergbauern. Und das dürfte noch lange so bleiben!“ 

 

Milchquoten

Die Problematik rund um die Abschaffung der Milchquoten, vollzogen im April 2015, (die Entscheidung war bereits 12 Jahre vorher gefallen) und um den damit drohenden Preisverfall wurde auf der Tagung mehrmals angesprochen. Auf Südtirol bezogen trat der zunächst befürchtete Preissturz nicht ein. Sowohl SBB-Bezirksobmann Anton Tschurtschenthaler als auch der EU-Politiker Herbert Dorfmann und ebenso der Landesminister für Landwirtschaft, Arnold Schuler,  nannten die Erlöse aus dem Milchverkauf übereinstimmend gut. Während die Milcherzeuger hier zu Lande immer noch über 50 Cent je Kilogramm ausbezahlt bekommen, müssen sich deren Kollegen in den Nachbarländern mit Preisen unter 30 Cent, manchmal sogar mit schockierenden 20 Cent je Kilogramm begnügen, wie Anton Tschurtschenthaler von ausländischen Lieferungen nach Italien zu berichten wusste. 

 

Genossenschaften stärken

Laut Dorfmann und Schuler sei die Südtiroler Milchwirtschaft insgesamt gut aufgestellt. Ergo bräuchten die Bauern die Zukunft nicht zu fürchten. Genossenschaftlich organisiert, personell nach der „Filser’schen Richtlinie“ besetzt und umsichtig gelenkt, habe die Sparte schon frühzeitig die Chance in der Produktveredelung ausgemacht und entsprechende Maßnahmen gesetzt. Fusionen und enorme Vorleistungen, sprich: Investitionen, formten hierfür die strukturellen Voraussetzungen. Der Erfolg blieb nicht aus. Das breite Sortiment an hochwertigen Erzeugnissen, das mittlerweile italienweit die Kühlvitrinen füllt, verkauft sich gut. Hierfür ausschlaggebend sei die regionale Produktion und damit verbunden die hohe Qualitätsgarantie. Erst dadurch wird der Rohmilch jene Aufwertung zuteil, welche die Auszahlung eines lohnenden Kilopreises möglich macht. 

 

Berglandwirtschaft unter Druck

Dass die Berglandwirtschaft derzeit unter Druck steht, das räumte auch der Präsident der Autonomen Provinz Bozen, Arno Kompatscher ein. Er wehrte sich jedoch entschieden gegen den Vorwurf der Geringschätzung der Berglandwirtschaft seitens des Landes. „Wertschätzung und Unterstützung“, so der Präsident, „finden ihren Ausdruck in den Taten – jo?!“ Und er listete auf: „Während bei der Erstellung des Landeshaushalts - mit Ausnahme des Sanitätswesens - sonst überall der Sparstift angesetzt wurde, blieb die Landwirtschaft von Streichungen verschont. Mehr noch: Die Mittel wurden gegenüber dem vorausgegangenen Jahr sogar um 34 Mill. Euro für die Instandhaltung des Wegenetzes erhöht. 

Ein Saalgast warf diesbezüglich ein, dass die Wege nicht allein der Landwirtschaft dienten, sondern genauso von Frauchen mit Hund, von Spaziergängern ganz allgemein, von Radfahrern, Sportlern aller Art, Mountainbikern, Downhillern u. a. mehr benutzt würden. Ergo könne hier von keiner rein landwirtschaftlichen Förderung die Rede sein. Kompatscher stimmte dieser einschränkenden Auslegung zu. Provinzrat Albert Wurzer sprach in diesem Zusammenhang von der Verantwortlichkeit der Wegeigentümer bzw. der Besitzer und Nutzer sowie über die Absicherung der damit einhergehenden Haftpflicht über Versicherungen. Das Land stelle hierfür erhebliche Mittel bereit. Es fiel in diesen Zusammenhang ein Betrag um die 45.000 Euro jährlich. 

 

Zankapfel Wegenetz

Arno Kompatscher trat einerseits für die Benutzung der Wege im Interesse der Allgemeinheit ein, wies andererseits jedoch auf den gebotenen Schutz und Respekt gegenüber fremdem Eigentum hin. Die Wege zu sperren sei keine Lösung. Tourismus und Landwirtschaft müssen das Miteinander suchen, denn „die Landwirtschaft braucht den Tourismus, und der Tourismus braucht die Landwirtschaft“, mahnte der Präsident. Sein abschließendes Bekenntnis: „Die Mittelgebirgslandwirtschaft ist für Südtirol von fundamentaler Bedeutung. Ohne sie verlöre das Land seine Identität und die größte Portion seiner Lebensqualität“, beteuerte der Präsident. „Wir stehen daher voll hinter der Landwirtschaft und den Bauern!“ Applaus.

 

Höhere EU-Förderungen

Kompatscher kündigte zu Gunsten der Berglandwirtschaft außerdem höhere Förderungen aus dem EU-Topf an. Die dementsprechenden Verhandlungen mit Brüssel und Rom seien positiv zu Ende geführt worden. Später sagte Herbert Dorfmann ergänzend dazu, die Grünlandbeiträge würden bis 2020 stufenweise dem italienischen Durchschnitt angepasst, will heißen, sie würden im Endeffekt bis zu 220 Euro per Hektar hochklettern. Gestern betrugen sie in Südtirol noch magere 63 Euro. Dorfmann wies des Weiteren auf die Aufstockung der Ressourcen für Öffentlichkeitsarbeit von 50 Mio. auf 200 Mio. Euro hin. Aus diesem Topf könnten, je nach Aktion, bis zu 80 Prozent der Kosten abgedeckt werden. Nichtsdestotrotz bedarf es laut Dorfmann neuer Fördermechanismen für die Milchwirtschaft, deren Ziel es sein muss, einen Ausgleich zwischen den durch die Abschaffung der Milchquoten bevorteilten Betrieben einerseits und den zugleich benachteiligten andererseits zu schaffen. Das sei ihm ein starkes Anliegen. Und von Tschurtschenthaler wurde er aufgefordert, die Tiroler Sturheit in Brüssel voll zur Entfaltung zu bringen, wenn’s um die vitalen Interessen der Bergbevölkerung geht. Er möge nicht zu allem Ja und Amen sagen. Aber das ist ohnehin nicht die Art Dorfmanns.

 

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Am Podium v.l.: Viktor Peintner, Albert Wurzer, Joachim Reinalter, Maria Kuenzer, Arnold Schuler, Hans Berger, Leo Tiefenthaler.   wpz

 

Almen und Flughafen

Bevor sich der Präsident der Provinz wegen anderer Termine vorzeitig verabschiedete, bezog er noch zu einzelnen Fragen aus dem Publikum Stellung, darunter hinsichtlich der Almerschließung und der Bozner Flugplatzstory. Zur Erschließung der Almen sagte Kompatscher, man werde eine Bestandsaufnahme machen, um zu erfahren, wie viele Almen erschlossen sind, wie viele noch zu erschließen bleiben und wie viele durch Nichtbewirtschaftung bereits dem Wildwuchs übereignet wurden und daher definitiv aus dem Aktivitätskalender genommen werden können.. Sein Grundsatz: „Durch intelligente Erschließung eine Bewirtschaftung ermöglichen“. Dadurch zerstöre man eine Landschaft nicht, sondern pflege sie und leiste einen Beitrag zu deren Erhaltung.

Kompatschers Position in Sachen Flugplatz ist hinlänglich bekannt. Für ihn stellt der Provinzflughafen die Nabelschnur zur großen weiten Welt dar. Die bessere Erreichbarkeit Südtirols sei daran geknüpft. Damit spricht er den diversen Unternehmerverbänden (Industrie, Handwerk, Handel & Dienstleister, Hotel- u. Gastgewerbe) das Wort. Allein der Südtiroler Bauernbund legte sich nicht fest. Er wird keine Wahlempfehlung zum Referendum am 12. Juni abgeben. Dies in erster Linie deswegen, weil die unmittelbar davon betroffenen Bauern im Unterland und Überetsch sich massiv gegen den Flugverkehr über ihre Köpfen und Apfelplantagen hinweg zur Wehr setzen.

 

Keine Bange vor der Zukunft

Auf Fragen im Zusammenhang mit dem Stabilitätspakt und dessen direkte wie indirekte Auswirkungen auf die Landwirtschaft in Südtirol, referierte der SBB-Hauptabteilungsleiter Josef Haller. Angesichts der enorm hohen Gesamtverschuldung (136% des BIP) und der beträchtlichen Neuverschuldung (3%) Italiens, sprach Haller von einer schwierigen Ausgangslage, den Karren, der während der letzten Krisenjahre viel an Schwungkraft verloren habe, wieder in Fahrt zu bringen. Durch die Selbstverwaltung sei Südtirol im Vergleich zu anderen Provinzen zwar besser gestellt, doch vollkommen immun gegenüber dem Virus Italicus sei das Land nicht. 

Anton Tschurtschenthaler, der SBB-Bezirksobmann und Gastgeber des Informationstages, gab seinen Standeskollegen abschließend die Bitte mit auf den Weg, die positiven Seiten der Berg-Landwirtschaft herauszustellen, anstatt der bäuerlichen Organisation und nicht zuletzt sich selbst durch negative Stimmungsmache zu schaden. Der Berufsstand soll in ein günstiges Licht gerückt werden. Ein gutes Image des Bauernstandes in der Gesellschaft ist für Tschurtschenthaler genau der fruchtbare Boden, auf dem die junge Generation Wurzeln schlagen und die Kontinuität somit sicherstellen kann. Von den Medien erwartet sich der Bezirksobmann, dass sie das optimistisch-positive Streben der Bergbauern wahrnehmen und es ihrerseits standesgetreu publizistisch begleiten. „Die Presse kann viel Gutes ausrichten, sie kann aber auch viel Schlimmes anrichten!“, so Tschurtschenthaler.       

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Am 15. hielt der Bezirk Pustertal des Südtiroler Bauernbundes (SBB) seinen traditionellen Infomationstag in Bruneck ab. Der Saal war voll besetzt und oben auf der Bühne saßen zum Anlass die Darsteller, welche in der Landes-Landwirtschaftspolitik die Hauptrollen spielen:  Regierungschef Arno Kompatscher, sein Landwirtschaftsminister Arnold Schuler, die Provinz- und Regionalräte Maria Kuenzer, Albert Wurzer und Sepp Noggler; weiters waren Senator Hans Berger und EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann zugegen. Den mächtigen Bauernbund vertraten dessen Präsident Leo Tiefenthaler, dessen Bundesgenosse und Stellvertreter Viktor Peintner sowie Hauptabteilungsleiter Josef Haller. Dirigiert wurde das Ganze von Anton Tschurtschenthaler, dem SBB-Bezirksobmann. Bezirksleiter Walter Hinter leistete im dabei Organisationshilfe. 

 

 

 

 

 

 

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