Der neue Leuchtturm am Gipfel des Kronplatz soll es sein, ein kulturelles und architektonisches Highlight - das MMM Corones, Reinhold Messners krönender Abschluss seines Museumszyklus. Am 23. Juli wurde es im Beisein zahlreicher Prominenz und viel nationaler und internationaler Presse feierlich eröffnet.
Fotos: Harald Wisthaler, Judith Steinmair, rewe
"An diesen Wänden von Zaha Hadid wird selbst ein Reinhold Messner abstürzen“, prognostizierte die Süddeutsche Zeitung unlängst im Vorfeld der Eröffnung des MMM Corones. Weit gefehlt, allen Schwierigkeiten zum Trotz steht Südtirols höchstes Museum auf dem Gipfelplateau des Kronplatz seit mittlerweile zwei Wochen allen interessierten Besuchern offen. Tatsächlich gestaltete sich die Realisierung des originellen Bauwerks als nicht ganz unproblematisch. Und die Bespielung mit Ausstellungsinhalten eines tunnelartigen Gebäudes ohne gerade Wände und Ecken brachte auch den mittlerweile museumstechnisch erfahrenen Messner fast an seine Grenzen. Aber eben nur fast, denn frei nach Messners Motto: „Das einzig richtige Ziel beim Bergsteigen gibt es nicht, es gibt nur Möglichkeiten am Unmöglichen vorbei“, zeigten sich alle Beteiligten im Rahmen der Eröffnung vollauf zufrieden mit dem Endergebnis.
Die Bezeichnung „Gesamtkunstwerk“ fiel dabei des Öfteren. Das „Corones“ (ladinisch für Krone) ist die Frucht einer außergewöhnlichen Zusammenarbeit zwischen drei starken Partnern: Reinhold Messner, Ideator und weltberühmter Vertreter des traditionellen Alpinismus, Skirama Kronplatz, Bauherr und eine der führenden Kapazitäten im Bereich des Skitourismus sowie Zaha Hadid, preisgekrönter Superstar in der Welt der zeitgenössischen Architektur.
Illustres Dreiergespann
Dieses illustre Dreiergespann mag in dieser Kombination wohl auch ausschlaggebend für das weltweite Interesse an der Eröffnung gewesen sein. Über 100 Journalisten durchwegs renommierter Medien wie die Financial Times, Daily Telegraph, Corriere della Sera u.ä. befanden sich im Publikum, als der Bau nach den Grußworten und Dankesreden schließlich enthüllt wurde. In Anlehnung an Christos Reichstagsverhüllung in Berlin vor zwanzig Jahren präsentierte sich das Museum zunächst in einer gigantischen blauen Moessmer-Lodenstoffhülle. Eine Dreierseilschaft, bestehend aus Messners Tochter und seinem Sohn sowie dem bekannten Südtiroler Bergsteiger Hanspeter Eisendle kappten schließlich die 350 Meter lange Lodenbahnen und gaben somit erstmals den Blick auf die außergewöhnliche Struktur frei - eine durchaus theatralisch in Szene gesetzte Aktion vor der großartigen Bergkulisse von Südtirols beliebtesten Skiberg. Nach Bozen, Kastelbell, Sulden, Bruneck und dem bellunesischen Monte Rite steht nun auf 2.275 Metern Höhe das sechste MMM-Museum. Und damit auch sein Letztes, wie Reinhold Messner immer wieder betonte.
Vor fünfzehn Jahren habe er das Museumsprojekt gestartet, ein Projekt, dessen Vollendung er gerne auch als seinen „fünfzehnten Achttausender“ bezeichnet. Nun sei es für ihn an der Zeit, sich anderen Aufgaben zu widmen. Das Leading der MMM Museen gibt er ab jetzt in die Obhut seiner Tochter Magdalena. Es ist nun an der studierten Kunsthistorikerin die Finanzen der Museen weise zu verwalten, schließlich liegen den Museen keinerlei öffentliche Subventionen zugrunde, wie Messner immer wieder betonte. Er selbst werde sich neuen Ufern zuwenden, sich verstärkt dem Medium „Film“ widmen, sich künftig diesbezüglich auch als Produzent zu versuchen, schloss er nicht aus.
Museumsinhalt
Zum Abschluss seines Museumszyklus legt Reinhold Messner schlussendlich den Fokus auf das, worin sein eigentlicher Ursprung liegt: dem traditionellen Alpinismus. Das Thema ist der Fels, die großen Wände und die Geschichte des Bergsteigens. „Der traditionelle Alpinismus darf nicht untergehen!“, unterstrich Messner sein Anliegen im Rahmen der Pressekonferenz. Er habe nichts gegen den boomenden Bergsteigertourismus, aber das Urspüngliche dürfe dabei nicht aus den Augen verloren werden. „Wo beginnt der Alpinismus, wenn der Tourismus schon den höchsten Gipfel der Erde, sprich den Mount Everest erreicht hat?“, sinniert Messner klar ersichtlich in großen Lettern am Eingangsbereich verewigt. Die Antwort darauf sei, laut Messner, das MMM Corones. Zu sehen sind im Museum eine Kombination aus Kunstwerken, Bergsteigerreliquien wie Seile, Schuhe, Haken und Leitern sowie themenbezogene Gedankensplitter namhafter Persönlichkeiten. Das Imposanteste aber sind die Panoramafenster beziehungsweise die Terrasse mit der spektakulären Aussicht auf die Südtiroler Bergwelt, die für Reinhold Messner prägend war. Die Geislerspitzen, der Peitlerkofl, der Heiligkreuzkofl, der Monte Cavallo – mit all diesen großen Felsen verbindet Reinhold Messner bedeutende Momente in seinem Leben hinsichtlich seiner Entwicklung hin zum berühmtesten Bergsteiger der Welt. Wohl auch deshalb bezeichnet Messner das Corones als sein bisher persönlichstes Museum. Bei allen seinen Museen habe er stets versucht, die jeweiligen Inhalte auch nach draußen zu projizieren. Bei diesem Museum ging die Rechnung auf, der Bezug zwischen der Bergwelt draußen und dem Thema des Museums, den großen Wänden als Königsdisziplin des Alpinismus scheint gelungen. „Das Besondere am MMM Corones ist die Kombination aus Lage, Aussicht und Architektur“, so Messner. Dem pflichtete auch Patrick Schuhmacher, Architekt aus Zara Hadids Team bei: „Ein Traumprojekt!“
Visionen beflügeln
Warum Reinhold Messner in seiner Standortwahl ausgerechnet auf den Kronplatz und damit auf eine unmittelbare Nähe zum bereits bestehenden MMM Ripa auf Schloss Bruneck setzte, wurde vor versammelter Presse nochmals verdeutlicht. „Bruneck wurde als lebenswerteste Stadt Italiens ausgezeichnet. Das liegt unter anderem auch am Kronplatz mit seinen großartigen Infrastrukturen und an Menschen mit Visionen wie Christian Tschurtschenthaler“, adelte er sowohl Skirama als auch Brunecks Ex-Bürgermeister mit einem kleinen Ritterschlag.
Dass die Ausgaben von etwa drei Millionen Euro für die Planung und den Bau des Museums gut investiert sind, ist man sich bei den Seilbahnen einig. Skirama Kronplatz bezeichnet das Mammutprojekt als einen Meilenstein in der Geschichte der Aufstiegsanlagen, das einen Mehrwert nicht nur für den Skiberg Kronplatz, sondern auch für alle umliegenden Gemeinden schaffen werde. „Dieses Projekt bringt uns in eine höhere Liga. Der Kronplatz, Südtirols Skiberg Nr. 1, zeigt einmal mehr, dass Visionen nicht nur auf Papier gebracht, sondern auch umgesetzt werden, “ erklärte Präsident Matthias Prugger. Und vor allem im Sommer hat der Kronplatz ja durchaus noch Nachholbedarf. Dank der Messner’schen Strahlkraft sollen sich nun auch im Sommer die Gesichter der Kronplatz-Verantanwortlichen aufhellen.
Auch die ersten Reaktionen auf das Museum vonseiten der geladenen Gäste bestätigten die Euphorie der Verantwortlichen. „Die MMM Museen sind eine Bereicherung für Südtirol“, gab Kultur-Landesrat Philipp Achammer zu Protokoll. Fazit: Ende gut, alles gut, frei nach Messners tibetischem Motto „Kalipe": Immer ruhigen Fußes!
Judith Steinmair
Visionäres Bauwerk
Von der irakisch-britischen Stararchitektin Zaha Hadid konzipiert, ist das futuristische Gebäude in seiner Erscheinung in den Alpen einzigartig - innovativ, im Naturfels auf dem Gemeindegebiet von Enneberg verankert. Gebaut nach den Prinzipien des Parametrismus, spielt das Architektenteam rund um Hadid mit doppelt gekrümmten Geometrien und lässt damit eine weiche, kurvige Museumsstruktur entstehen. Gerade Ecken und Wände gibt es nicht. Die Wände und Decken, sowie die von außen sichtbaren, architektonischen Elemente wie der Eingangsbereich, die Panoramaterrasse und die Panoramafenster wurden mit speziellen Fertigbetonteilen verkleidet. Dass die Umsetzung des eigenwilligen Entwurfes nicht ganz leicht war, lässt sich erahnen. Hier wurde an der Grenze des Machbaren gearbeitet. Die Pläne mussten in 3D-Modelle umgewandelt werden mit exakten Koordinaten für die Herstellung der benötigten Bauteile. Die Herausforderung des Bauunternehmens Kargruber-Stoll GmbH beispielsweise, ein komplexes Bauwerk in gleichmäßigem Sichtbeton auf einer Meereshöhe von 2.275 Metern zu errichten, war enorm. Das in etwa tausend Quadratmeter große Museum ist zu einem großen Teil unterirdisch in mehreren Ebenen angelegt. Über den Eingangsbereich betritt man die oberste Ebene, von dort führen Treppen wie Kaskaden wellenförmig über drei Ausstellungsebenen in die Tiefe. Im untersten Geschoss befinden sich verglaste Aussichtsfenster und eine knapp vierzig Quadratmeter großen Terrasse, von der aus sich ein herrliches 240°- Panorama von den Zillertaler Alpen über den Ortler bis zu den Dolomiten bietet. Auf dieser Ebene ist auch ein kleines Kino angelegt, in welchem Filme gezeigt werden.
jst
Öffnungszeiten
10–16 Uhr vom 1. Sonntag im Juni bis zum 2. Sonntag im Oktober und vom 1. Sonntag im Dezember bis Mitte April (entsprechend der Öffnungszeiten der Seilbahn Reischach)
Kein Ruhetag
Weitere Informationen: www.mmmcorones.com