Die nach den Sternen greifen

Falzares, Spina de Mul, Dolasila, Luianta: Nie gehört? Das könnte sich bald ändern. Die Astronomiegruppe des Cusanusgymnasiums Bruneck will im Rahmen des Wettbewerbs „NameExoWorlds“ einen Neutronenstern und drei Planeten nach Namen der ladinischen Sage aus dem Reich der Fanes benennen. Was die Schüler und ihr Lehrer Christof Wiedemair dazu brauchen? Ein Quäntchen Glück, aber vor allem Unterstützung: Denn jede Stimme zählt!

ChristofWiedemair

Christof Wiedemair

PZ: Herr Wiedemair, sie haben eine himmlische Leidenschaft. Wie können Sie ihr Hobby in den Berufsalltag integrieren?

Christof Wiedemair: Als ich an dieser Schule mit dem Unterrichten angefangen habe, war noch nicht viel zum Thema Astronomie los. Das Teleskop haben wir eher selten benutzt. Als Astrophysiker hat mich die Astronomie aber immer beschäftigt. 2006 dann bin ich mit einer Gruppe von Schülern in die Türkei gefahren, um eine Sonnenfinsternis zu beobachten. Das war eine Art Initialzündung. Zwei Jahre später habe ich die erste Astronomiegruppe gegründet - und mit Schülern gleich an einem großen Projekt mitgearbeitet. Wir haben mit dem Schulteleskop Helligkeitsmessungen eines Sterns durchgeführt mit dem Ziel, Lichtgeschwindigkeit zu messen. Mit Erfolg: Ein Universitätsprofessor aus Brüssel meldete sich, weil unsere gewonnenen Daten vielversprechend seien.

 

Die Astronomiegruppe wird von Ihnen geleitet. Wer gehört sonst noch dazu?

Jedes Jahr kann ich einige Schüler dafür gewinnen. Die Astronomiegruppe ist auf freiwilliger Basis. Die Mitglieder bekommen dafür nichts: keine Punkte, kein Guthaben, keine Noten. Und deshalb finde ich es besonders toll, weil das Interesse durch und durch ehrlich ist.

 

Wie kann man sich die Arbeit der Gruppe vorstellen?

Viele verbinden mit dem Thema „Sterne“ nur romantische Vorstellungen. Natürlich genießen wir den Anblick und machen schöne Bilder. Unser Schwerpunkt als Realgymnasium ist aber ein wissenschaftlicher. Wir führen Messungen durch, werten aus, arbeiten dabei mit Excel und anderen Computerprogrammen. Wir jagen Asteroiden und machen Bildaufnahmen über Teleskope, die im Internet zur Verfügung stehen. Unser Steckenpferd sind Helligkeitsmessungen.

 

Ist Bruneck ein guter Ort, um Sterne zu beobachten?

Nein, nicht mehr. Dazu muss es dunkel sein, die Himmelshelligkeit ist hier aber immer mehr geworden. Der nahe gelegene Sportplatz ist lange beleuchtet, dazu kommt der  Campus und seit man am Kronplatz das Nachtskifahren entdeckt hat, kann man es sowieso vergessen. Die Scheinwerfer leuchten auf die Piste und der weiße Schnee gibt fast die ganze Helligkeit nach oben ab. Aus astronomischer Sicht ist es eine Katastrophe. Und nicht nur das: Es ist ja nachgewiesen, dass sich zu viel Helligkeit auf die Qualität des Schlafes auswirkt und auch die Tierwelt davon beeinträchtigt wird.

 

Wie konnten Sie dieses Problem lösen?

Der Wunsch war schon lange da, Bruneck zu entfliehen. Vor ein paar Jahren haben wir uns dann einen neuen Platz im Oberpustertal gesucht. Bei der Einrichtung der Sternwarte haben uns Schüler der Berufsschule geholfen, und mehrere Sponsoren wie die Sparkassenstiftung und die Gemeinde Bruneck unterstützt. Eine Holzfirma aus dem Oberland hat das Material gespendet. Die Sternwarte liegt auf 1600 Meter. Da sieht man natürlich auch die Lichter des Pustertals, aber es ist halbwegs dunkel, überhaupt, wenn Nebel liegt. Wir sind zufrieden.

 

Die Schüler brechen im Winter oft schon um 16.30 Uhr zur Sternwarte auf und beobachten bis Mitternacht den Himmel. Was ist der Lohn für die harte Arbeit?

Vielleicht können sie schon bald sagen: Dieses Planetensystem haben wir benannt. Das wäre doch die größte Bestätigung überhaupt.

 

Interview: Verena Duregger


 

Der Wettbewerb

Die Astronomiegruppe des Cusanusgymnasiums hat zehn Mitglieder unter anderem Lehrer Christof Wiedemair und die Schüler Ira Morawetz (17), David Niederkofler (16), René Nardi (16) und Jonathan Seeber (17). Als sie erfuhren, dass die Internationale Astronomische Union (IAU) einen Wettbewerb zur Benennung mehrerer Planetensysteme ausgeschrieben hat, beschlossen sie, daran teilzunehmen. Ihre Wahl fiel auf einen Pulsar. Das ist ein schnell rotierender Neutronenstern und drei Planeten. Doch wonach sollten sie sie benennen? Sie entschieden sich für Namen aus der ladinischen Sagenwelt. Zehn davon glichen sie mit den tausenden bereits bestehenden Namen ab. Denn zu ähnliche dürfen nicht eingereicht werden. Dank der „Suchen-Funktion“ im Word-Programm war dies schneller geschafft, als gedacht. Am Ende stand fest: Der Pulsar soll Falzares heißen, die drei Planeten Spina de Mul, Dolasila, Luianta.


 

So wird abgestimmt

Über 300 000 Stimmen wurden bisher insgesamt für die verschiedenen Vorschläge abgegeben – die unterschiedlichen Projekte liegen nahe beieinander, die genaue Reihung ist nicht bekannt. Nur so viel ist sicher: Schon ein paar Dutzend Stimmen können den Ausschlag geben. Die Astronomiegruppe des Cusanusgymnasiums hat eigens eine Webseite zum Projekt eingerichtet. Unter http://astrocusanus.org/nameexoworlds.html kann von jedem Computer, Laptop, Tablet oder mit dem Internet verbundenen Handy abgestimmt werden. Was müssen Sie tun? Einfach zu den vier ladinischen Namen Falzares, Spina de Mul, Dolasila und Luianta scrollen, auf den Vote-Button (für Wählen) drücken, im Feld „Ich bin kein Roboter“ einen Haken setzen und abschicken. Achtung: Bevor nicht „Thank you“ erscheint, hat die Wahl nicht geklappt. Gewählt werden kann noch bis 31. Oktober.


 

Zur Person

Christof Wiedemair (39), unterrichtet Mathematik und Physik am Sprachen- und Realgymnasium Bruneck. Er studierte Astrophysik in Innsbruck und gründete im Jahr 2008 die erste Astronomiegruppe der Schule. Seither nimmt er mit den Schülern immer wieder an Wettbewerben teil. Auch in diesem Jahr: Bei „NameExoWorlds“ hat er zusammen mit den Schülern Ira, David, René und Jonathan vier ladinische Namen für ein Planetensystem eingereicht.

 

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