Ein gelernter Kunstschmied, leidenschaftlicher Musiker, lernt einen Gitarrenbauer kennen, der ihm ein Instrument zeigt. Der Kunstschmied geht nach Hause und fängt an, diese Gitarre nachzubauen. Seine Gitarre taugt nicht viel, doch er macht weiter. Er lässt Musiker auf seinen Instrumenten spielen und versucht, ihre Tipps umzusetzen. Und dann entscheidet er sich, den Beruf aufzugeben und fortan nur noch Gitarren zu bauen. Klingt unglaublich? Ja, aber genau das ist die Geschichte von Rudolf Bachmann. 

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PZ: Herr Bachmann, Sie haben keine Instrumentenbauschule besucht, sondern sich alles selbst beigebracht. Wie waren Ihre Anfänge als Autodidakt?

Rudolf Bachmann: Ich war von Anfang an mit vollem Herzblut dabei, das ist auch der Grund, warum ich durchgehalten habe. Wenn ich sofort auf den Gewinn geschaut hätte, wäre das nie möglich gewesen. Ich habe tausende Stunden damit verbracht, alles über das Holz und seine Verarbeitung zu lernen. Für meine erste Gitarre hätte man fast einen Waffenschein gebraucht, so schlecht zu bespielen war sie.

 

Sie haben sich davon nicht unterkriegen lassen. Wie lange hat es gedauert, bis Sie die erste ordentliche Gitarre gebaut haben?

Nach etwa vier bis fünf Jahren war es soweit. Für mich war das auch der Moment, in dem ich beschlossen habe, meinen Beruf Kunstschmied vorerst an den Nagel zu hängen. Falls es nicht geklappt hätte, hätte ich einfach meinen alten Beruf wieder aufgenommen. Aber das war nicht nötig: Mittlerweile baue ich seit 28 Jahren Gitarren. Für mich hat sich diese Entscheidung gelohnt.

 

Sie haben eine sichere Stelle aufgegeben, um Ihren Traum zu leben. Wie waren die Reaktionen auf diese Entscheidung?

Es werden sich schon einige gedacht haben, dass ich spinne. Gesagt hat es mir in all der Zeit aber niemand. Mittlerweile ist die häufigste Frage, die mir gestellt wird, schon so etwas wie ein Running Gag: ‚Baust du noch immer Gitarren oder hast du endlich eine Arbeit gefunden (lacht)?

 

Wie viele Gitarren bauen Sie pro Jahr?

Im Schnitt sind es zehn bis zwölf Stück. Bis auf die Seiten und die Mechanik mache ich alles selbst. Das kann man nicht mit einem industriell produzierten Instrument vergleichen. Meine Gitarren kosten je nach Aufwand ab 6.000 Euro. Mein Markenzeichen ist der gebogene Bauch, den sonst niemand verwendet. Eine Gitarre muss ausgeglichen klingen, gut bespielbar sein und natürlich dem Musiker gefallen. 

 

Der Erfolg gibt Ihnen Recht. Musiker kommen von überall her in Ihre Werkstatt und nicht nur – auch Instrumentenbauer gehören zu Ihren Kunden.

Auf meinen Gitarren spielen Musiker wie Alberto Caltanella oder Andrea Valeri, Severin Trogbacher, der Gitarrist von Hubert von Goisern, „Die jungen Zillertaler“ und „Die Grubentaler“, Sammler und Liebhaber.  Als zweites Standbein verkaufen wir Holz zum Bau von Saiteninstrumenten. Die Instrumentenbauer kommen aus der ganzen Welt, um bei mir das Holz für ihre Geigen, Bratschen, Cellos, Gitarren oder Kontrabässe auszusuchen.

 

Bis unter den Dachboden stapelt sich in Bachmanns Lager das Tonholz für die Decken, Böden und Zargen der Instrumente. Jedes Stück ist nummeriert und gibt damit Auskunft über das Jahr in dem es geschlagen wurde und den Ort, woher es stammt. Wie Wein in Barriquefässern reift das Holz. Viele Instrumentenbauer bevorzugen Hölzer, die älter als zehn Jahre sind. Manche kommen persönlich vorbei, um im Lager nach dem richtigen Tonholz zu stöbern, andere vertrauen auf Rudolf Bachmann und lassen sich die Klanghölzer schicken.  Und manche mailen einfach ein Foto und wollen exakt die gleiche Maserung für die Stradivari, die sie nachbauen wollen. Der 53-Jährige kann solche Wünsche erfüllen. 

 

Was muss ein Holz haben, um zum Instrumentenbau zu taugen?

Der Baum, von dem es stammt, muss zunächst einmal gerade sein, eine gleichmäßige Faser haben und einen Durchmesser von mindestens 55 Zentimetern aufweisen. Die Fichte bringt vom Gewicht und der Steifigkeit die besten Eigenschaften mit. Denn das Holz muss leicht und steif zugleich sein. Für die Decke der Instrumente verwende ich Fichten aus den umliegenden Wäldern, für den Boden und die Zargen Laubholz wie Ahorn und Kirsche. Um das zu kaufen, fahre ich nach Bosnien, Montenegro und Serbien.

 

Wie viele Baumstämme verarbeiten Sie pro Jahr?

Das ist sehr unterschiedlich. Mal sind es 50, mal 100. Wir schneiden das Holz in der Winterzeit. Es wird im November und Dezember geschlagen und dann zum Trocknen gestapelt. Im Sommer steigt das Risiko, dass Schädlinge das Holz angreifen, deshalb sortieren wir in dieser Zeit das Holz und räumen es in die Regale ein. Von einem Stamm kann ich nur etwa 20 Prozent für den Instrumentenbau verwenden, das macht es natürlich sehr aufwändig. Die Kunst ist, von jedem Baum die beste Qualität rauszuschneiden. Deshalb begutachten wir jeden Stamm akribisch und drehen ihn hundert Mal hin und her, bis endlich der erste Schnitt folgt. Natürlich habe ich mir im Laufe der Zeit viel Wissen angeeignet, doch jeder Baumstamm ist einzigartig und hält Überraschungen bereit.

 

Sind Sie stolz, auf das, was Sie erreicht haben?

Es ist schön zu wissen, dass die Musiker meine Arbeit schätzen. Ohne ihre Hilfe wäre ich auch nie so weit gekommen. Nur durch die Arbeit mit ihnen konnte ich meine Instrumente weiterentwickeln. Wenn ich auf großen Konzerten bin und der Gitarrist spielt vor 20.000 Leuten auf meiner Gitarre, dann ist das eine Genugtuung. Oder wenn ein Geigenbauerwettbewerb stattfindet und die Sieger haben zum Teil mein Holz verwendet, dann ist das ein tolles Gefühl.

 

Sie kennen die besten Gitarrenbauer und Gitarristen, viele waren schon in Ihrer Werkstatt. Und Sie kommen durch Ihre Arbeit viel herum.

Ich bin auf Messen in China, Japan, Amerika, Kanada, Deutschland, Frankreich und besuche auch immer wieder kleine Festivals. Dort stelle ich dann meine Gitarren und mein Holz aus.

 

Was ist das Geheimnis einer guten Gitarre?

Beim Bau möglichst wenige Fehler zu machen (lacht). Besonders wichtig ist es aber, sich immer weiterzuentwickeln und das Feedback der Musiker nicht als Kritik, sondern als Chance zur Verbesserung zu sehen. Ich gehe jeden Tag gerne zur Arbeit. Das ist es, was für mich zählt.

 

Interview: Verena Duregger

 


 

ZUR PERSON

Rudolf Bachmann arbeitete 13 Jahre als Kunstschmied. Seit 28 Jahren baut der Autodidakt Gitarren. In seiner Werkstatt in Antholz Mittertal entstehen etwa zwölf Gitarren pro Jahr. Eine Bachmann-Gitarre kostet ab 6000 Euro. Darüber hinaus hat er sich auf den Verkauf von Tonholz spezialisiert. Instrumentenbauer aus der ganzen Welt bestellen bei Bachmann Tonewood, viele kommen persönlich vorbei, um sich das passende Stück für ihr Instrument auszusuchen. www.bachmann-guitars.com

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