Am 21. Juni sperrte Alexander Huber ein letztes Mal die große, weiße Tür seines Clubs zu. Sie führte über Jahre in eine Welt, in der man sich treiben lassen konnte. Das ist nun vorbei. Das Puka Naka ist Geschichte - und mit ihm verliert Bruneck seine letzte große Bastion des Nachtlebens. Hubers Stimme ist noch ganz rau, als die PZ ihn zum Interview trifft. Kein Wunder - an den letzten beiden Abenden ging es im Club noch einmal hoch her.

Foto-Portraet

Alexander „Ajax“ Huber prägte das Brunecker Nachtleben wie kaum ein anderer. 

PZ: Herr Huber, was überwiegt nach der Schließung des Puka Naka: Wehmut oder Erleichterung?

Alexander Huber: Ganz klar die Erleichterung. Ich wollte schon seit geraumer Zeit aus dem Geschäft aussteigen und habe auch mit einigen Leuten Gespräche geführt. Leider wurde bisher noch kein Nachfolger gefunden. Was mit dem Lokal passieren wird, hängt jetzt von der Inhaberfamilie ab. Ich bin jedenfalls raus.

Warum haben Sie aufgehört?

Dafür gibt es mehrere Gründe. Ich bin mit meinen 45 Jahren mittlerweile zu alt für das Gewerbe. Meine Klientel, also die Leute in meinem Alter, sind früher viel ausgegangen. Heute haben sie Familie, sie bauen gerade ein Haus, machen Sport und gehen nicht mehr jedes Wochenende weg. Und meine Angestellten waren ja auch schon lange dabei. Wir haben ein Stück weit den Draht zu den jungen Leuten verloren. Eine Rolle bei meiner Entscheidung hat auch die Gesundheit gespielt. Ich wollte nicht mehr ständig nachts und an den Wochenenden arbeiten. 

Als Sie das „alte“ Puka Naka eröffnet haben, waren Sie 28 Jahre alt. Wie kommt man als Student auf so eine Idee?

Ich habe ein Jahr lang in Barcelona studiert. Dort gab es zu der Zeit eine Menge Lokale mit guter Musik und tollem Design, die nicht klassische Tanzbars mit Eintritt waren. Das gab es bei uns damals noch nicht. Als ich dann hörte, dass die Räumlichkeiten in der Altstadt vermietet werden, musste ich nicht lange überlegen. Das alte Puka Naka war ein Highlight, was das Design betrifft, und auch hinsichtlich dessen, was wir musikalisch geboten haben: House, Drum’n’Bass, Top-DJs - darauf bin ich heute noch stolz.  

Die Leute fanden das Konzept genial und Sie konnten sich vor Besuchern kaum retten…

Das stimmt. In den 90ern und Anfang der 2000er Jahre war in Bruneck wirklich viel los, die Leute sind von überall her gekommen, um hier am Wochenende zu feiern. Wir hatten immer gute DJs und waren auf dem richtigen Weg.

Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Gab es neben dem Erfolg auch Probleme?

Definitiv. In diesem Gewerbe hat man es grundsätzlich schwer. Beim alten Puka Naka hatten wir Schwierigkeiten mit den Anrainern wegen der Lärmbelästigung und mit anderen Discobetreibern, die eine Konkurrenz in uns gesehen haben. Beim neuen Puka Naka waren diese Probleme zwar nicht mehr da, dafür hatten wir mehr mit Besuchern zu kämpfen, die aggressiv waren. Es gab immer wieder Schlägereien. Außerdem trat dann für eine Zeit lang ein Gesetz in Kraft, das den Ausschank bis lediglich zwei Uhr vorsah. Die Leute sind aber erst gegen ein Uhr zu uns gekommen. Wie soll man so arbeiten? Das war eine groteske Situation. 

Wie lange hat Ihnen die Arbeit wirklich Spaß gemacht?

Bis vor zwei Jahren. Wenn immer wieder Schwierigkeiten auftauchen, wird man mit der Zeit mürbe. Auch wenn ich sagen muss, dass mich die beiden Bürgermeister Christian Tschurtschenthaler und Roland Griessmair immer unterstützt haben. Lärmbelästigung in der Innenstadt ist immer ein Problem, ganz klar. Mein Credo ist aber nach wie vor: Eine Stadt braucht ein Nachtleben, den jungen Leuten muss etwas geboten werden. Man kann die Lokale nicht alle in die Gewerbezone auslagern. 

Was bedeutet die Schließung für Bruneck?

Für die Stadt ist es ein weiterer Schritt, der nicht positiv zu bewerten ist. Das Gastlokalsterben zeichnet sich ja seit Jahren ab. Niemand sperrt ein Lokal zu, wenn es ohne Probleme gut läuft. Das Geschäft muss sich rentieren, weil es anstrengend ist, Nacht für Nacht hinter dem Tresen zu stehen und dazu auch noch eine große Verantwortung für das Wohl der Gäste zu haben. Ich bin mir sicher, dass es früher oder später wieder ein paar junge Leute gibt, die etwas Neues auf die Beine stellen, so wie ich das damals gemacht habe. Ich denke zum Beispiel an die Jungs vom Salon/e. Ich hätte mir gewünscht, dass sie das Puka Naka übernehmen. Das ist aber leider nicht der Fall. 

Sie haben neben Ihrer Tätigkeit als Gastronom und Clubbetreiber immer als Architekt gearbeitet. Wie haben Sie das alles unter einen Hut bekommen?

Speziell der Freitag war anstrengend. Da saß ich um acht Uhr im Büro bei bergundtal. Dann fuhr ich nach Hause, habe mich umgezogen und weiter ging’s ins Herman’s. Gegen Mitternacht hieß es dann auf ins alte Puka Naka und von dort weiter ins neue. Dort war ich dann meistens bis um sechs Uhr morgens. Rückblickend würde ich sagen, dass man das eigentlich nur schafft, wenn man jung ist. 

Haben Sie schon einmal nachgezählt, an wie vielen Wochenenden Sie seit 1998 gearbeitet haben?

Nein. Grundsätzlich an allen, außer ich war im Urlaub. 

Was bringt die Zukunft?

Zuerst einmal möchte ich mich bei meinen Kunden, den Kellnern und DJs bedanken. In der nächsten Zeit werde ich mich hauptsächlich der Architektur widmen. Aber ich kann mir gut vorstellen, irgendwann wieder zusätzlich etwas zu machen. Nur mit der Gastronomie, so viel ist sicher, habe ich abgeschlossen.  

Die Ausgeh-Kultur hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Bei aller Wehmut über vergangene Zeiten, in denen es weniger Bürokratie gab: Was hat sich zum Positiven verändert?

Die jungen Leute steigen heute nach einer durchfeierten Nacht nicht mehr ins Auto, sondern nehmen ein Taxi. Das war früher noch anders, und das finde ich sehr gut. Auch von der Zeit her hat sich alles nach hinten verschoben. Man geht später weg. Und es fehlt oft das nötige Kleingeld. Die Lust am Feiern aber ist im Pustertal immer noch die gleiche wie früher. 

Dann lacht Ajax, wie ihn alle nennen, die ihn kennen, sein charmantes Lächeln. „Ban Feiern sein mo schun olbm no die Beschtn“, sagt er. 

Interview: Verena Duregger

 

Letzter-Abend

Das Beste kommt zum Schluss: Huber (rechts) mit Gästen am letzten Abend.

 

Zur Person

Alexander „Ajax“ Huber prägte das Brunecker Nachtleben wie kaum ein anderer. 1998 eröffnete er in der Altstadt das „Puka Naka“, Südtirols erste Disco-Bar, die er bis 2010 betrieb. 2007 stieg er in die Gastronomie ein und schaffte mit dem Herman’s in der Oberstadt ein Szene-Restaurant, das man in einer Großstadt erwarten würde, nicht aber im beschaulichen Bruneck. Vier Jahre lang setzte man dort auf Cross-Over-Küche, ehe das Lokal geschlossen wurde. Das „neue“ Puka Naka am Rienzdamm führte der 45-Jährige von 2004 bis zur Schließung im Juni 2015. In all diesen Jahren arbeitete Huber, der in Innsbruck und Barcelona Architektur studierte, hauptberuflich als Architekt (bergundtal.it). Zu den letzthin realisierten Projekten des Gemeinschaftsbüros gehört das Interiordesign der Residence von Manuela und Manfred Mölgg (moelgg-dolomites.com) und das Interiordesign des neuen Headquarter der Volksbank in Bozen in Zusammenarbeit mit Innocad (hauptsitz.volksbank.it).

 

 

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