Elisabeth Neunhäuserer geb. Huber, genannt die „Marchner Liese“, wurde 1886 in Geiselsberg geboren und starb 1969 in Vorarlberg. Sie war eine wichtige Zeitzeugin einschneidender politischer Umwälzungen und erlebte dramatische Ereignisse hautnah. Die Autorin Gabriele Neunhäuserer Wallnöfer schrieb nun ein Buch über ihre Großmutter. Dabei kamen allerlei interessante Details ans Tageslicht.
Der Umschlag des neuen Buches von Gabriele Neunhäuserer-Wallnöfer
Ende Oktober stellte die Olanger Autorin Gabriele Neunhäuserer-Wallnöfer im ehemaligen Gasthof Arndt in Geiselsberg ihr neuestes Buch über die dramatische Lebensgeschichte ihrer Großmutter vor. Dabei handelt es sich wohl nicht nur um eine Biografie, sondern um ein für jeden interessantes Werk, umspannt von geschichtlichem Hintergrund mit politischen, wirtschaftlichen und privaten schicksalhaften Katastrophen.
So wird das ehemalige, nur mit Karren oder zu Fuß erreichbare kleine Bergdörfchen Geiselsberg beschrieben. Oder der Kronplatz, der als Weidefläche für bis zu sechshundert Schafe diente. „Die zahlreichen Wanderer dort, zwanzig an der Zahl, darunter auch Damen“ finden sogar anno 1876 im „Pustertaler Boten“ Erwähnung. Ein anderes Zitat jener Zeit lässt auf die Unwichtigkeit der Gemeinden Olang und Rasen trotz Touristen, Heilbäder, Passübergänge nach Defreggen und ins Gadertal schließen, da kein Eilzug in Olang anhalten durfte. Erfolglos beschwert man sich darüber öfters bei der „löbl.k.k. Südbahngesellschaft.“ Doch vergebens: „Wenn der Eilzug überall halten müsste, wär‘s kein Eilzug mehr!“ lautet die lakonische Antwort. Einmal kontert der „Condukteur“ dem sich über jenen Missstand beschwerenden Ehemann Neuhäuserers, dass ein Eilzug nicht bei jedem „Hennenstall“ anhalten könne. Wenn das die Olanger heute zu hören bekämen…
Eigener Geist
Das Buch handelt von der feschen, eigenwilligen Elisabeth, der es am großen auf 1.550 m Höhe gelegenen Marchnerhof zu eng wurde. Sie wollte nicht nur in einer „reichen“ Heirat versorgt sein, sondern setzte sich durch, in Bruneck eine gute Ausbildung zur Wirtshausköchin zu erhalten. Dann heiratete sie gegen den Willen ihrer Eltern aus inniger Liebe einen armen Handwerker. Schon früh zeigte sich ihre Stärke, die sie später in den schlimmsten Schicksalsschlägen durchhalten ließ. Aber auch der tiefe Glauben, das unerschütterliche Gottvertrauen und die große Schar unmündiger Kinder verliehen ihr immer wieder Trost. Das elfte Kind war erst einige Wochen alt, als der geliebte Gatte über Nacht plötzlich verstarb. An der Seite ihres ältesten Sohnes Ernst, dieser noch nicht volljährig, galt es nun ohne jegliche Unterstützung die Familie zu ernähren. Jahre darauf ließ sie sich schwersten Herzens zur Auswanderung bewegen, da ihr im Großdeutschen Reich eine Unterstützung zugesichert wurde. Mit einer Schar unmündiger Kinder die geliebte Heimat zu verlassen, erforderte wohl viele Tränen und übermenschliche Kräfte. Schließlich waren alle sechs Söhne zugleich im Krieg- da konnte ihr auch das goldene Ehrenkreuz für die deutsche Mutter keinen Trost spenden.
Große Verluste
Verluste, die ihr beinahe das Herz brachen: die drei Brüder waren im ersten Weltkrieg gefallen, zwei Söhne im zweiten. Trotz allem richtete sie sich immer wieder auf, fand Halt im Glauben, in ihren Kindern, Enkeln und in der Arbeit. Zumindest waren Elisabeth im Alter ruhige Jahre im Kreise ihrer Kinder beschieden und sie blieb stets geliebter Mittelpunkt der Großfamilie in Dornbirn.
In einem innigen Nachruf am offenen Sarg seiner Mutter erinnerte der Sohn Ernst an ihr dramatisches Leben. In größter Not hatte er als Junge sie beim Wanderhandel
wochenweise durch einsame Weiler begleitet. Was für eine Demütigung für die einst stolze, schöne Bauerntochter! Mit großer Wertschätzung für die beispielhafte Stärke und Fürsorge der verarmten Familie gegenüber beendete er im Jahre 1969 die schriftlichen Erinnerungen an seine Mutter, der ehemaligen Marchner Liese aus Geiselsberg.
Wichtiges Zeitdokument
Zum interessanten geschichtlichen Hintergrund gehören zahlreiche Forschungen von Fachleuten über die Kriegsanleihen und die Einforderung des verlorenen Geldes bis zur gerichtlichen Vorladung. Des Weiteren findet man im Buch Wissenswertes zum Gemeindewesen in der K.u.k.-Zeit und im Faschismus, Wichtiges über das Schulwesen und zum wirtschaftlichen Zusammenbruch im Jahre 1929. Daten aus dem Gemeindearchiv Olang zur Löschung der italienischen Staatsbürgerschaft infolge der Auswanderung, aber auch zur Wiedererlangung bei den in der Heimat verbliebenen Optanten werden angegeben. Am Ende des Werkes befinden sich aufschlussreiche Texte über die Österreichisch Ungarischen Monarchie, den Faschismus, den Nationalsozialismus und die Option - alles einfach und leicht verständlich nach Quellen bedeutender Historiker zusammengefasst.
gnw
Infos
In der schönen Zirmstube im ehemaligen Gasthof „Arndt“ in Geiselsberg wurde das neue Buch über Elisabeth Neunhäuserer geb. Huber, besser bekannt als die „Marchner Liese“, erstmals vorgestellt. Die Wirtsleute, die Familie Ladstätter, öffnete der Autorin bereitwillig Tür und Tor. Für die Autorin Gabriele Neunhäuserer-Wallnöfer, eine Enkelin der Buchheldin, war dies eine freudige Überraschung. Mehr noch: Die beiden Wirtsleute organisierten auf eigene Kosten eine Zitherspielerin und ein schmackhaftes Buffet. Wie zu erfahren war, hat Elisabeth Neunhäuserer beim ehemaligen Arndt erstmals kochen gelernt.