In diesen Tagen dreht sich in Welsberg im Rahmen des mittlerweile achten Schokoladensymposiums wieder alles um das Thema „Süße Verführung“. Ein guter Anlass für die PZ, etwas tiefer in die raffinierte Materie einzutauchen.
Einige Teilnehmer des Schokoladeseminars - ganz rechts: Vize-Präsident Roberto Caraceni jst
Seit 1995 bemüht sich die „Compagnia del Cioccolato“ auf dem gesamten italienischen Territorium um die Positionierung von Qualitätsschokolade. Von ihrem Hauptsitz in Turin aus agiert die Vereinigung mit Hilfe ihrer lokalen Niederlassungen, den „Tavolette“, in den unterschiedlichsten Regionen Italiens mit dem Ziel, die Konsumenten hin zu „guter“ Schokolade und hochwertigem Kakaos zu erziehen. Ein edles Anliegen, wie der Vize-Präsident der Vereinigung, Roberto Caraceni, meint. Und so fand unlängst in Bozen ein Seminar unter dem Motto „Schokolade verstehen“ statt. Auf der Tagesordnung standen sowohl die Eckdaten der Schokoladenherstellung als auch eine Einführung in die grundsätzlichen Bewertungsmerkmale. Begleitet wurde das Ganze von einer Verkostung mit einer erstklassigen Auswahl führender nationaler Produzenten.
Nachholbedarf
Der Bereich Schokolade stecke vielfach noch in den Kinderschuhen, was die allgemeine Aufklärung und das diesbezügliche Wissen anbelangt und es gebe viel Nachholbedarf - nicht nur beim Konsumenten, sondern auch beim Personal in den Geschäften, so Caraceni. Sein Vergleich mit dem Bereich „Wein“ und dem mittlerweile in allen Bevölkerungsschichten vielfach etablierten Interesse an Önologie sowie den meist durchwegs kundigen Fachkräften in den Verkaufsstellen schien durchaus einleuchtend: „Sie möchten eine Premier Cru Schokolade, gerne auch mit ein wenig Säure und fruchtigen sekundären Aromen. In den meisten Fällen stoßen Sie mit so einem Wunsch auf verständnisloses Kopfschütteln.“ Aber es geht auch anders. Eingeladen zu der spannenden Fortbildung hatte nämlich die Besitzerin des renommierten Schokoladengeschäfts „Chocolat“ auf dem Bozner Obstmarkt, Agnes Bacher Moschen. Seit der Eröffnung vor sechs Jahren hat sich die Fachfrau des ehemaligen Bozner Traditionsbetriebes „Moschen“ das Prinzip der hochwertigen Schokolade auf ihre Fahne geschrieben. Ab dem ersten September tritt nun mit dem Pusterer Kurt „Steini“ Steinmair ein passionierter Genießer ihre Nachfolge an. Die Führung wechselt, der Inhalt bleibt derselbe: Über den Verkaufstresen kommt nur, was erlesen ist. Doch was versteht man unter hochwertiger Schokolade? Woraus besteht sie und wie kann man sie erkennen?
Schokolade verstehen?
Zunächst spielt natürlich das Herkunftsland des Kakaos eine wichtige Rolle. Kakaobohnen wachsen lediglich im Gebiet des Äquatorial-Gürtels. Obwohl Westafrika, speziell die Elfenbeinküste, die größten Kakaoproduzenten stellt, kommen die besten Kakaobohnen aus Südamerika. Vor allem Venezuela zeichnet sich durch hervorragenden Kakao aus. Großen Einfluss auf den Geschmack der Schokolade hat der Prozentsatz an Kakao. Der Rest liegt dann am guten Händchen der Schokoladehersteller, wobei die besten ihres Metiers aus Frankreich, Italien und Deutschland kommen. Das Verhältnis zwischen der Kakaomasse und dem Zucker sollte im bestmöglichen Verhältnis stehen. Die meisten hochwertigen Schokoladen bewegen sich zwischen 65 und 85 Prozent Kakaoanteil, meistens wird mit 70 Prozent gearbeitet. Eine edle Schokolade sollte nicht fett, sondern cremig sein. Fett ist ein Indikator für Kakaobutter, nicht zwingend notwendig für die Herstellung und meist eher in der Industrieschokolade vorzufinden.
Klare Parameter
Für die Bewertung einer Schokolade stehen, ähnlich wie in der Weinkunde, klare Parameter zur Verfügung, die sich auf unsere fünf Sinne stützen. Dementsprechend geht es beispielsweise um die Farbe, wobei die weit verbreitete Auffassung „Je dunkler, desto besser“ ein Trugschluss sei, wie der Referent klarstellte. Die besten Schokoladen hätten eher eine hellere Farbe mit einem leichten Rotstich. Und eine gleichmäßige Struktur weist auf eine solide, liebevolle Verarbeitung hin. Das lässt sich durch das Brechen der Schokolade, also durch die auditive Wahrnehmung und natürlich auch über den Tastsinn feststellen. Als zentrale Faktoren gelten aber der Geschmack und nicht zuletzt der Geruch. Als primäres Aroma entfaltet sich zunächst der Kakao, aber eine gute Schokolade zeichnen vor allem die sekundären Aromen aus. Die Palette ist dabei weitläufig und reicht von Blüten über Früchte und Gewürze bis hin zu Holz und Tabak, um nur einige zu nennen. Und die Qualitätsbegriffe, die bereits vom Wein bekannt sind, werden auch in diesem Bereich angewendet. Die Bezeichnung „Cru“ („Premier/Grand Cru : franz., wörtlich „großes Gewächs“) gibt Auskunft über das Anbaugebiet der Kakaobohne.
Wer mehr über das Thema erfahren möchte, kann sich auf der Seite der „Compagnia del Cioccolato“ genauer informieren. Dort ist dann auch die Creme de la Creme der nationalen Produzenten aufgelistet, denn die Vereinigung vergibt jährlich die national höchste Auszeichnung, die „tavoletta d‘oro“ in den unterschiedlichen Kategorien. Wer sich noch mehr einbringen möchte, kann sich auch zum Schokolade-Sommelier ausbilden lassen. An die 100 gibt es nämlich derzeit in Italien. Oder aber man sucht einfach im nächsten Fachgeschäft nach Qualitätsprodukten. Es zahlt sich aus, denn Schokolade macht ja bekanntlich glücklich...
jst