Wieviel liegt zwischen einem Leben als Bergläufer und fanatischem Sportler und einem als Invalide? Das kurze Wort „Parkinson“, das alles und nichts aussagt. Für Laien einfach eine Krankheit, für die Betroffenen eine komplette Veränderung des gesamten Lebens. Robert Kirchler aus Ahornach, Jahrgang 1955, erlebt es am eigenen Leib.
Robert Kirchler aus Ahornach mg
Robert Kirchler war ein zäher Läufer. Durch seinen um sechs Jahre älteren Bruder ist er zum Ausdauersport gekommen. Bergläufe - harte und anstrengende - haben die beiden absolviert. Sein Bruder war auch ein ausgezeichneter Langläufer. An den Rennen haben sie nicht nur zum Spaß mitgemacht. „Wenn wir nicht gewinnen wollten, hätten wir nicht teilgenommen“, so die kurze Antwort von Kirchler.
Der begnadete Athlet war knapp 40 Jahre alt, als bei ihm Parkinson diagnostiziert wurde. Nur einige Jahre später war auch sein Bruder betroffen. Kirchler hatte vorher noch nie etwas von einer Krankheit mit diesem Namen gehört und wusste deshalb auch nicht, was ihn erwartet. Seine Beschwerden zeigten sich als Schulterschmerzen, Taubheit in den Händen oder als er einfache Handgriffe bei der Arbeit nicht mehr ausführen konnte. Seinen Beruf als Zimmermann musste er bald danach aufgeben. Die Symptome waren einfach zu schwerwiegend, um die Arbeit weiter ausführen zu können.
Arbeitsunfähig mit 40
Mit 40 musste er in Frühpension gehen. Die Krankheit hatte ihn arbeitsunfähig gemacht. Für einen Mann wie Robert Kirchler war das fast nicht zu ertragen. Als jüngstes von elf Kindern, aufgewachsen auf einem Bergbauernhof, war er aber das Kämpfen gewohnt. Er hat nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben noch die Stube in seinem Heimathaus getäfelt und sich dann auf ein Hobby besonnen, das er schon früher einmal angefangen hatte: das Malen. Als Beschäftigung, als Therapie. Genauer hat er nicht darüber nachgedacht. Ohne Kurs oder Schulungen malte er in der Folge Landschaftsbilder oder Stillleben. Am liebsten alte Häuser und Ensembles.
Er ist ein Naturtalent. Er hat es sogar zu einigen Ausstellungen im Bürgersaal in Sand in Taufers gebracht. In den ersten Jahren haben ihm die Leute die Bilder aus der Hand gerissen, erzählt er. Aber die Zeiten haben sich geändert. Mittlerweile sitzt der Euro nicht mehr so locker und seine Malereien verkaufen sich auch nicht mehr so gut.
Der Krankheit trotzen
Die Symptome seiner Krankheit zeigten sich immer stärker. Dennoch ließ er es sich nicht nehmen, auf seine geliebten Berge zu steigen. Den Moosstock – ein Dreitausender oberhalb von Ahornach – hat er mindestens 50 Mal bezwungen. Das letzte Mal im August des letzten Jahres. „Wenn des la guit geht…“ hat er sich damals gedacht. Es ist gut gegangen, auch wenn er des Öfteren bei seinen Touren ins Straucheln kommt.
Seine Ärzte und Geschwister sind nicht begeistert ob seiner sportlichen Exkursionen. Doch die Alternative wäre, alleine zu Hause zu sitzen. Und allein ist er oft genug; denn die Freunde sind rar geworden. Nur mehr einige wenige besuchen ihn ab und zu. Vor zwei Jahren hat er sich in Sand in Taufers eine kleine Wohnung gekauft, in der er autonom lebt.
Linderung durch Operation
Eine enorme Linderung seiner Beschwerden hat ihm vor zwei Jahren eine Operation in Innsbruck gebracht. Dabei wurde ihm ein Hirnschrittmacher eingesetzt. Seitdem geht es ihm entscheidend besser. Auf die Frage, ob er Angst vor dem doch recht komplizierten Eingriff gehabt hatte, antwortet er: „Nein, ich wollte endlich einmal ruhig auf einem Stuhl sitzen…!“
Nach der Operation hat er auch seinen Heißhunger in den Griff bekommen. Obwohl er Unmengen an Lebensmitteln verzehrte, wog er dennoch nur 50 Kilogramm. Auch die Anzahl der Tabletten mit ihren vielfältigen Nebenwirkungen durfte er reduzieren - wiederum eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität.
Ein anderes Hobby von Kirchler – das Tanzen – kommt durch die Krankheit allerdings etwas zu kurz. Er versucht zwar trotzdem einige Tanzeinheiten zu bekommen. „Das ist sehr wichtig für die Psyche“, meint er. Um dann noch eine weitere Erkenntnis loszuwerden. „Ich habe vor meiner Erkrankung zu wenig gelebt“, ist er überzeugt. Ein wenig Resignation schwingt dabei in der Stimme mit. Denn er weiß wohl, dass er Versäumtes nicht mehr nachzuholen vermag.
Nun hofft er noch darauf, dass er noch einige seiner Bilder verkaufen kann. Und noch ein großes Ziel schwebt ihm vor: den Hochgall, ein Berg in Rein in Taufers mit seinen 3.436 Metern, zu bezwingen. Es wäre gewissermaßen die Krönung. Die Bestätigung, dass ihn die Krankheit bislang nicht auf den Boden zu bringen vermochte.
mg
Was ist Parkinson?
Morbus Parkinson ist eine der bekanntesten und häufigsten Erkrankungen des Nervensystems. Ihren Namen verdankt sie dem britischen Arzt, James Parkinson, der 1817 erstmalig die typischen Symptome ausführlich beschrieb.
Morbus Parkinson ist eine langsam fortschreitende neurologische Erkrankung, die vor allem bestimmte Teile des Gehirns betrifft. Hirnbereiche mit Dopamin-haltigen Nervenzellen kontrollieren willkürliche und unwillkürliche Bewegungen. Bewegungsstörungen gehören daher zu den typischen Hauptsymptomen der Parkinson-Erkrankung.