Hannelore Hofer war für viereinhalb Jahre Direktorin des Tourismusverbandes Kronplatz. Im PZ-Interview erzählt sie von Kirchturmdenken und analysiert die Schwächen der heimischen Tourismuswirtschaft. Sie befürwortet auch eine engere Zusammenarbeit der Tourismusverbände. Die Bündelung von finanziellen Ressourcen sei schlicht notwendig, um weiterhin am Markt bestehen zu können. Sie bricht auch eine Lanze für die “Ferienregion Pustertal”.

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Hannelore Hofer

Frau Dr. Hofer, Ihre Tätigkeit als Tourismusexpertin war sehr vielfältig. Was genau umfasste sie?

Die jahrelange “Begleitung” als Strategin im Rahmen eines Beratungsauftrages sah eine komplette Reorganisation des Tourismusverbandes Kronplatz vor. Es ging darum neue Wege zu suchen. Nach außen die Ferienregion verstärkter mit recht wenigen finanziellen Mitteln zu vermarkten und nach innen die Kommunikation und die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern zu verbessern. Wir zählten sehr viele Mitglieder, viele Tourismusvereine und zunächst ein Skigebiet, nun mehrere Skigebiete.

 

Was waren Ihre größten Errungenschaften und Ziele?

Als ich kurz nach dem Beginn meines Auftrags bemerkte, dass ich dank eines nach Neuigkeiten suchenden und flexiblen Verwaltungsrats recht große Handlungsfreiheit hatte, wusste ich, dass ich mir erlauben durfte, auch echt innovative Neuerungen vorzuschlagen. 

 

Haben Sie Ihre Ziele allesamt erreichen und umsetzen können?

Ja. Und ich bin stolz darauf!

 

Was sind die Stärken und Schwächen der heimischen Tourismusbranche?

Anfänglich war die größte Schwäche natürlich der Kirchturmgedanke von den verschiedenen Akteuren. Jeder glaubte, dass man “alleine am besten weiterkommen könnte”. Das ist in der Tourismuswelt aber heute nicht mehr der Fall. Mit genau vorgegebenen Zielen und einer guten Profilierungsarbeit fingen wir dann langsam an “gemeinsamer zu denken” und “besser zusammen zu arbeiten”. Dann gings schnell und die Schwächen verwandelten sich in Stärken:  mit der Abschaffung von unnützen Gremien, der neuen Aufteilung von Aufgaben und Arbeitsbereichen, folglich mit einem gemeinsamen Erscheinungsbild, also einem einzigen Outfit vorerst bei den Katalogen und den Verzicht auf manch zu großer Selbständigkeit. 

Schließlich letztens mit der echt innovativen Verwirklichung einer gemeinsamen Webstruktur, wofür wir insgesamt zwei Jahre benötigten (siehe www.kronplatz.com). Wir haben im letzten Monat 14 alte Webportale abgeschalten und das muss uns erst jemand nachmachen!  Alle alten touristischen Portale von Bruneck, St. Vigil, St. Martin in Thurn, Olang, dem Gsieser- und Antholzertal, Kiens und Terenten, Speikboden und Klausberg und unser eigenes -  Verband mit dem Skiberg Kronplatz - gibt es nun nicht mehr. Sie sind alle, auch das Ahrntal und Sand in Taufers, auf einer neuen Ebene vereint, inhaltlich verbessert und angebots- und verkaufsorientierter gestaltet. Einzig das Tauferer- und Ahrntal-Portal müssen wir noch etwas beibehalten, aufgrund einer Finanzierung vonseiten der EU.

 

Wo hat das Kronplatz-Gebiet noch Nachholbedarf?

Wenn Sie die Ferienregion Kronplatz meinen, dann hat die keinen Nachholbedarf mehr. Das Team mit dem Geschäftsführer Artur Costabiei kann nun mit Zuversicht weiterarbeiten und alle können sogar die Reorganisation von Südtirol abwarten. Denn ein solch effizient funktionierendes Konstrukt, das zehn Vereine und drei Skigebiete gut vereint und auch deren Arbeit teils zentral koordiniert, das ist nicht einfach wegzudenken, egal ob es dann “Verband” heißt oder eine Servicedienstleistungstelle oder Teil einer dieser RME (Regionalen Management Einheit) sein wird. Ich unterstreiche, was den Auftritt anbelangt, ist dieses Modell sogar auf das gesamte Pustertal erweiterbar oder noch weiter, wenn man dies wünscht. 

Wenn Sie hingegen den Skiberg Kronplatz meinen, dann ist auch das ein absolut gutes Produkt und ausschlaggebend für die funktionierende Wirtschaft des gesamtes Tales! Aber es braucht dann jetzt mal eine neue Profilierungsarbeit. Im Sommer kann ich mir da eine Ausrichtung zur Thematik “Fels/Berg und eine Kleinstadt in den Bergen” recht gut vorstellen, die das nun recht attraktive Ausflugsziel Kronplatz im Sommer mit Bruneck und seiner Umgebung verbinden kann. Zum Thema Winter fände ich es mutig, wenn wir es endlich zu einer “Pustertal Dolomites Skiregion” bringen würden, auch langfristig sogar mit dem österreichischen “Part” (eingebunden durch die geplante Erweiterung bei den Sextner Dolomiten). Denn jener Teil des Tales ist ja auch zum Glück das Pustertal. 

 

Welchen Stellenwert hat das Kronplatzgebiet im internationalen Vergleich?

Das Kronplatzgebiet als Skigebiet hat durchaus einen recht guten Stellenwert, neben den Hauptmärkten Deutschland und Italien auch in vielen Ostmärkten Europas. Begehrlich ist es sicher, es darf aber noch international bekannter werden, so wie es auch bei Südtirol im allgemeinen der Fall ist. Dass man versucht, Südtirol internationaler zu vermarkten, hat vor einigen Tagen die SMG beim Kommunikationstag uns als eines ihrer Hauptziele kommuniziert. Das ist erfreulich. 

 

In den letzten Jahren wurden verschiedene örtliche Tourismusvereine und –verbände unter Ihrer Regie in das Kronplatz-Gebiet integriert. Gab es dabei Probleme?

Ja, unsere Ferienregion deckt nun zwei Drittel des Pustertals ab. Der Tourismusverband Tauferer Ahrntal wurde gemäß der Forderung eines Landesgesetzes aufgelöst und das Ahrntal und Sand in Taufers als neue Vereine beim Verbund Kronplatz eingebunden. Und auch die Skigebiete Klausberg und Speikboden konnten wir schließlich als Partner gewinnen. Es war im allgemeinen ein sehr herausforderndes Projekt, aber es herrschte eigentlich fast immer ein sehr gutes Arbeitsklima  unter allen Akteuren.

 

Was waren nun die größten Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Zusammenschlüsse der verschiedenen Tourismusvereine und -verbände? 

Wir haben einfach miteinander geredet und immer wieder geredet. Unter “wir” meine ich einen “Zweierpakt”: mich und als eigentlichen Hauptakteur in erster Linie den Präsidenten des Verbandes, Martin Huber, der auch gleichzeitig der Präsident des Tourismusverbandes Bruneck ist. Ich möchte ihm diesbezüglich auch mal ganz offiziell Dankeschön sagen. 

Wir haben versucht, alle immer gleich zu behandeln, nichts vorzudiktieren und als wir bei der Einbindung der Skigebiete Klausberg und Speikboden nicht mehr genau wussten, wie wir weiterkommen, weil sie als Mitglieder nur eventuell bei Skirama hätten aufgenommen werden können, nicht aber beim Verband. Wir haben sie gebeten, als Partner beizutreten, was sie angenommen haben. Und wie die Zahlen des letzten, allgemein schlechten Winters, aber auch vom Sommer, zeigen, hat sich dieses “Zusammenrücken” sehr gelohnt. Ich höre eigentlich nur Lob und Dankesworte, die mich freuen. Wir bringen aber auch Fakten, sie sind um ein Vielfaches verbessert eingebunden in der Vermarktung nach außen durch das “Zusammenrücken”, und das ist das Einzige, was zählt.

 

Welche Aufgaben sehen Sie für die Tourismusvereine, welche für die Verbände und die SMG? Stellen die Vereine und Verbände Ihrer Meinung nach genug finanzielle Mittel für die Bewerbung des Tourismus zur Verfügung?

Dass es große Änderungen geben wird, das hört man seit Wochen. Bei den Organisationen selbst, sei es mit der Gründung der IDM Südtirol – Alto Adige, die ich befürworte, weil sie und die Bündelung auch von finanziellen Mitteln ausschlaggebend und schlicht notwendig sind, für ein verstärktes Auftreten nach außen von Südtirol. Was die Aufteilung der touristischen Organisationen innerhalb von Südtirol anbelangt, so wissen wir alle, dass in Zukunft kleinste Realitäten, wenn auch manchmal sogar sehr effizient aufgestellt, leider wenig Existenzrecht in der Zukunft haben werden, wiederum aufgrund des Fehlens von genügend Geldmitteln. Wenn aber die Effizienz und Innovation in der Arbeit mehr gemessen wird – und das wird sicher passieren – dann punkten wir alle hier vom Pustertal sehr. Ich persönlich würde das Pustertal aber gerne noch mehr vereint erleben.

 

Sie haben auch für ein einheitliches Erscheinungsbild bei den Internet-Auftritten gesorgt. Zudem wurde das Leistungspaket massiv ausgeweitet. Ist dieser Prozess nun abgeschlossen und was hat er bewirkt?

Ich erlaub mir zu sagen, dass wir jetzt mal feiern dürfen, denn unser gemeinsames neues Webportal hat vor zwei Wochen in Deutschland sogar einen Preis gewonnen, und zwar beim jährlichen Wettbewerb „Annual Multimedia Award“ den zweiten Platz (Silber) in der Kategorie „Website / Portal“. Der Annual Multimedia Award ist eine Auszeichnung für digitale Markenkommunikation - Trends im digitalen Marketing und in der Multimedia-Gestaltung - welcher seit 1996 jährlich verliehen wird!

Fakt ist aber, dass jedes Portal immer ein “Work in Progress” darstellt, also eine ständige Aktualisierung und auch Neuerungen benötigt. Es arbeiten derzeit täglich zwei sogenannte Supervisors vom Verband daran - unter dem wachenden “Hauptauge” vonseiten Ewald Aschbacher – und 14 und mehr Superusers, also viele Mitarbeiter von den Vereinen und den Skigebieten. In den nächsten Wochen werden wir den Unterkunftsteil noch etwas umgestalten, die einzelnen Urlaubsorte noch etwas besser einbinden und ein tolles Hilfsmittel für alle Betriebe - es sind über 1.600 – freischalten. Es ist dies ein Intranetbereich, wo die Betriebe sich alle Infos vom Verein - und teils auch vom Verband - abladen und ausdrucken können: die Tagespost mit dem aktuellen Wetter vor Ort (also im Ahrntal anders als z. B. in St. Vigil), alle wichtigen lokalen Veranstaltungstipps, alle Mitteilungen usw. Diese wurden bis jetzt immer mühsam über normale E-Mails verteilt. Sogar dank einer sogenannten Profisuche wird es für den Eigentümer oder Rezeptionist einfacher sein, zu ganz spezifischen Gästeinformationen einfach und schnell zu gelangen. 

 

Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was werden Sie in Zukunft tun?

Ich werde eine berufliche Auszeit machen, so wie man es in der Schweiz öfters tut. Hierzulande ist es noch wenig verbreitet, aber ich möchte jetzt etwas mehr Zeit meiner Familie widmen und mein Mann und ich möchten weniger “auf der Autobahn leben”. Ich gehe mit geruhtem Herzen, denn meine Arbeit beim Verband ist getan. Und ich danke allen!

Interview: Reinhard Weger

 

 

 

 

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