Zwei Landesminister, der Schulamtsleiter, mehrere Direktoren, Inspektoren, Amts- und Abteilungsleiter, Bürgermeister, Lehrpersonen, Schüler, Gesellschaftsvertreter sowie Bürger/innen von Prags wurden am 17. Juni von St. Veit/Innerprags zum Burger-Hof hochgekarrt, wo die Sozialgenossenschaft EOS ihr jüngstes Kind dank der Hof-Schenkung durch Berta Schweitzer, die ebenfalls anwesend war, vorstellte. 

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Der Burger-Hof am Sonnenhang über St. Veit in Prags. Seine künftige Destination: Ein Ort des Lernens.   wpz

Anfahrt zum Burger-Hof: Vor Niederdorf rechts ab in Richtung Pragser-Wildsee; in St. Veit, vor der Speckstube, wiederum rechts ab, der einspurigen Straße entlang des Riepenbaches folgend, etwa zwei Kilometer bergan. Die Fahrbahn ist steil, bis zur Abzweigung zum Burger-Hof immerhin asphaltiert. Das letzte Stück des Weges, ein in den steilen Hang gebetteter Feldweg, ist exponiert, ungesichert und abrutschgefährdet. Wer ihn befährt, dem gruselt. Der Benutzer wird unmittelbar an die jüngst getane Aussage des Landwirtschaftsministers der Autonomen Provinz Bozen erinnert, wonach Südtirols Berghöfe noch nicht alle erschlossen seien. Es seien wenigsten 27, so Arnold Schuler, die noch auf eine anständige Zufahrt und/oder auf eine sichere Wasser-, Strom- nebst einer effizienten Kommunikationsversorgung harrten. Einer davon muss wohl der Burger-Hof sein, denn er ist mit allen Eigenschaften eines vor Jahren aufgegebenen, verlassenen und seither unbewirtschafteten Anwesens ausgestattet. 

 

Ein besonderes Geschenk

Das landwirtschaftliche Gut, bestehend aus dem Feuerhaus, aus Stall und Stadel, einer Mühle, 8 Hektar Feld und 37 Hektar Wald, war bis 2014 Eigentum der weitum bekannten Welsberger Geschäftsfrau, Berta Schweitzer (87). Damals beschloss die vermögende Dame dann, das Gut der Sozialgenossenschaft EOS zu schenken. An die Übereignung knüpfte sie die Auflage, der Nutzen aus dem Anwesen muss unbedingt Kindern zuteil werden. Damit war die Bestimmung der Schenkung eindeutig festgelegt. Es lag nun beim Vorstand der Sozialgenossenschaft mit Dr. Heiner Nikolussi-Leck (Präsident), Günther Gremes (Stellvertreter) und Dr. Barbara Pizzinini (EOS-Geschäftsführerin) das obsolete Gebäude in einen nutzbaren Zustand zu versetzen und es darauf zu beleben. 

Barbara Pizzinini war sich des höchst anspruchsvollen Auftrags bewusst. Ihr war klar, dass sie weitere Menschen, Organisationen und öffentliche Einrichtungen mit ins Boot holen musste, „um aus dem besonderen Geschenk, etwas Besonderes zu machen“, wie sich Philipp Achammer im Rahmen der Projektvorstellung vor Ort, am 17. Juni, ausdrückte. Und Pizzinini fand in der Bezirksgemeinschaft, im Schulverbund, im Pädagogischen Beratungszentrum und im Bündnis Kooperation Pustertal kräftige Ruderer, dank deren Schub- und Stoßkraft das Boot den angepeilten Zielhafen mittlerweile erreicht hat. 

 

Noch viel zu tun

Bei Gott! Ja, das Boot hat seinen Anker geworfen. Doch nun gilt es, die geistige Fracht zu löschen. Jetzt, nachdem der Wald von den überreifen, teils schon angefaulten Bäumen gesäubert, das Wirtschaftsgebäude gestützt, gereinigt und mit Strom versorgt worden ist, muss das Haus erst eingerichtet, wohnlich gemacht und ihm eine Seele eingehaucht werden. Die Trinkwasserquelle muss gefasst, die Wasserleitung gelegt und eine Sickergrube fürs Abwasser gegraben werden.  Das müsste noch vor Wintereinbruch zu schaffen sein, mutmaßte ein EOS-Mitarbeiter am Rande der Projektvorstellung, vorausgesetzt, Barbara Pizzinini und Genossen sind imstande, die hierfür nötigen Geldmittel aufzubringen. 

Es wird also noch etwas dauern, bis das Projekt vom Aufbau in die operative Phase übergehen, Kinder und Jugendliche aufnehmen kann, „auf dass man dort sein darf, wie man ist“. Philipp Achammer, der Landesminister für Schule und Kultur, zitierte diesen Satz aus dem Munde des Teilnehmers eines ähnlichen Projektes und warf fragend dazu ein: „Was läuft in unserer Gesellschaft falsch, was Jugendliche zu derartigen Aussagen drängt?!“ Der Schulminister stellte klar, dass es beim vorliegenden Projekt keineswegs darum ginge, Kinder hierher zu bringen, die sozusagen ‚problematisch’ sind. 

Es gehe vielmehr darum, Jugendlichen einen anderen Weg des Erlernens, Erlebens und Wahrnehmens zu eröffnen, sie auf diesem Wege zu ihren ganz besonderen Talenten, die jeder Mensch hat, zurückzuführen. 

„Dieser wunderbare Ort ist hierzu imstande. Es pulsiert sehr viel Herz im Burger-Hof. Wir werden dieses Herz mit Sauerstoff versorgen, wo es nur geht!“, so Achammer. 

 

Geldmittel auftreiben

Dem Vorhaben seine volle Unterstützung hatte zuvor bereits der Pragser Bürgermeister, Friedrich Mittermair zugesichert. Er, ein Welsberger und ehemals dort Bürgermeister, dankte seiner Mitbürgerin, Berta Schweitzer, für die überaus noble Geste. Er versicherte ihr, die Gemeinde wüsste ihre Großzügigkeit zu schätzen und mit Taten angemessen zu würdigen. Die Gemeinde begrüße die Initiative der EOS. Sie würde der Sozialgenossenschaft in all ihren projektbezogenen Belangen nach Möglichkeit unter die Arme greifen. Mittermair fand sodann auch Worte der Anerkennung für die Pragser Bevölkerung: Diese würde die Initiative aufmerksam verfolgen und deren Umsetzung mit Wohlwollen und positiver Energie begleiten.

Oben am Burgerhof (1.500 m.ü.d.M.) schien für Barbara Pizzinini und all ihre EOS-Genossen/innen sowie Mitarbeiter/innen an diesem Tag echt die Sonne. Selbst Regen und Hagel zwischendurch vermochten die „produktive“ Stimmung nicht zu trüben. „Wir freuen uns, das Projekt unterstützen zu dürfen. Wir stehen an deiner Seite, Barbara“, beteuerte beispielsweise die Landes-Sozialministerin, Waltraud Deeg. Schulamtsleiter Peter Höllrigl bezeichnete den Burger-Hof hingegen als einen Ort des Lernens, wo Kinder erfahren dürfen, dass sie etwas leisten können. Das steigere ihr Selbstwertgefühl, würde ihre Persönlichkeit stärken und das Gefühl von Selbstsicherheit heben. 

Den Reigen der Redner schloss Dr. Gunther Waibl. Er vertrat auf der Veranstaltung die Stiftung Sparkasse. Er kündigte an, diese würde die Kosten der auf drei Ebenen vorgesehenen Werkstatt in der „Mühle“ zur Gänze übernehmen. Dafür gab’s für Waibl anhaltenden Applaus wie übrigens für alle seine Vorredner/innen auch.

 

Geschichte nachgezeichnet

Schließlich zog Dir. Dr. Josef Watschinger als Vertreter für den Schulverbund Pustertal ein Resümee. Er ging dabei insbesonders auf die zweijährige Arbeit von Schülern/innen der Mittelschulen Welsberg und Toblach ein. Sie hätten mit großer Leidenschaft, Ausdauer und Kompetenz die Geschichte des Burger-Hofes recherchiert, das Leben dort dargestellt und niedergeschrieben. Im Zuge dieser Arbeit hielten die Schüler darüber Vorträge vor dem Lehrerkollegium und anderen Interessensgruppen. Josef Watschinger, der zugleich Direktor der Mittelschule Welsberg ist, war von der Leistung der Schüler dermaßen angetan, dass man ihm, wie er selbst zugab, nachsagte, er sei in das Können der Schüler verliebt. „Ich bin stolz auf die Schüler, auf meine und auf jene von Toblach, welche die tollen Texte geschrieben haben!“ Das Ergebnis wurde übrigens in einem 66-seitigen Buch verewigt, das bei der Projektvorstellung den zahlreichen Gästen zum Geschenk gemacht wurde.  

Zur künftigen Verwendung des Burger-Hofes meinte Watschinger: „Hier sollen Projekte mit Tiefgang verwirklicht werden; Projekte die Menschen berühren; die Menschen unter sich, mit sich selbst, mit der Natur sowie der Umgebung in Beziehung bringen. Die geplanten Projekte sind vielfältig. „Dieser Hof muss ein Ort der 1.000 Möglichkeiten sein“, so die Maxime Watschingers.   

jessasmaria

 

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