Die Pustertaler Bauern haben beim großen bäuerlichen Informationstag ihrem Ärger freien Raum gelassen. Gemeindeimmobiliensteuer, Jagdverbot in Naturparken, die Tarife für Kleinkläranlagen, das Aus der Milchquoten. Die Bauern fordern von der Politik weniger Sonntagsreden und dafür mehr konkrete Ergebnisse.
Bezirksobmann Anton Tschurtschenthaler rewe
Einmal im Jahr können die Pustertaler Bauern mit ihrer Verbandsspitze und den bäuerlichen Politikern Klartext reden: Beim „Großen Bäuerlichen Informationstag“ im Michael-Pacher-Haus in Bruneck. Auch heuer stellte sich die Bauernbund-Spitze sowie EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann, Senator Hans Berger, Landesrat Arnold Schuler sowie die Landtagsabgeordneten Maria Kuenzer, Albert Wurzert und Sepp Noggler den Fragen.
Bauernbund-Bezirksobmann Anton Tschurtschenthaler brachte es gleich zu Beginn der Sitzung auf den Punkt. Er bemühte sich auch gar nicht, „sanftere“ Töne anzuschlagen, das ist nicht sein Ding. Er nennt die Dinge klar beim Namen. „Landesrat Schuler und die gesamte Politik müssen alles tun, damit die Berglandwirtschaft weiter eine Zukunft hat. Sonst haben wir in einigen Jahrzehnten eine gleich verlassene Berglandschaft wie hinter der Landesgrenze Richtung Cortina.“ Der Bezirksobmann nahm aber auch die eigenen Schäfchen in die Pflicht: „Wir erhalten unsere Höfe als Leihe von unseren Eltern und müssen ihn an unsere Nachfahren gleich gut oder noch besser weitergeben.“ Es gelte aber auch, der Gesellschaft zu erklären, „dass wir von unserem Hof nicht abbeißen können, sondern davon leben, also wirtschaften, müssen.“
Viele kleine Sorgen
Die Gemeindeimmobiliensteuer ist noch immer ein Thema, zumal die Bauern in verschiedener Weise davon betroffen sind. „Da gibt es noch viel Unsicherheit“, meinte auch Tschurtschenthaler. Absolut ärgerlich ist die Entleerung der Kleinkläranlagen auf den Höfen. Seit vergangenem Jahr müssen diese ja über die Gemeinden entleert werden. Mit saftigen Kosten für die Betroffenen. Ein Bauer erzählte, dass er eine Abwasserrechnung über 900 Kubikmeter Abwasser und dazu noch einen saftigen Abwassertarif ins Haus geflattert bekam. Kein Wunder, wenn der Wasserhahn beim Hof-Trog ständig rinnt. Und allein für die Entleerung der Kleinklaranlage wurden weiter gut 1.000 Euro berechnet. Diesbezüglich wurde geraten, in Zukunft selbst für die Entleerung zu sorgen und der Gemeinde den entsprechenden Schein zu bringen. So lassen sich wohl rund zwei Drittel der Entleerungskosten einsparen.
Kritik kam an der neuen Untergrenze von zwei Hektar bei der Förderung in der Grünlandwirtschaft. Ein Bauer sagte dazu: „Auch Nebenerwerbsbauern mit nur einem Hektar sind mit Leib und Seele Bauern. Sie werden dafür bestraft, dass sie zweimal arbeiten, um einmal zu leben.“ Und dann kam noch ein frommer Wunsch: Die Pustertaler Bauern wünschen sich Landes- und Gemeindebeamten, die überall mit gleichem Augenmaß vorgehen. Für ungerecht halten sie auch die gesetzliche Ungleichbehandlung in Naturparks, zum Beispiel bei der Errichtung von Almgebäuden. Darüber hinaus sorgen sich die Bauern über das angedachte Jagdverbot in den Naturparkgebieten. Albert Wurzer zeigte dann auf, dass die Jagd in den Naturparkgebieten „lediglich in den beiden Ländern Bozen und Trient erlaubt“ sei, im restlichen Staatsgebiet nicht. Das stößt vor allem den Umweltschützern sauer auf, die diese Regelung kippen wollen. Derzeit lässt sich nicht absehen, welche Seite am Ende den längeren Atem haben wird.
gs/rewe
Gemeinderatswahlen
Zur Einigkeit bei den Gemeinderatswahlen riefen der Bezirksobmann Tschurtschenthaler und Landesobmann Leo Tiefenthaler auf. Tiefenthaler erinnerte an das Gründungsstatut des Bauernbundes 1904: „Schon damals verstanden die Bauern, dass sie eine politische Vertretung auf allen Ebenen brauchen. Die Gemeinden sind den Bürgern am nächsten. Wir brauchen in den Gemeinderäten und -ausschüssen Leute, die über die bäuerliche Welt Bescheid wissen.“ Er forderte die Ortsbauernräte auf, gemeinsam mit Bäuerinnen, Bauernjugend und bäuerlichen Senioren verlässliche Kandidaten aufzustellen, massiv zu unterstützen und letztlich geschlossen zu wählen. In dieselbe Kerbe schlug Tschurtschenthaler: „Wir können uns nur selbst schlagen: Indem wir unsere Kandidaten nicht wählen.“
gs
Aus für die Milchquoten
Mit Stichdatum ersten April 2015 fallen im gesamten EU-Raum die Milchquoten. Das heißt, dass die Bauern im Grunde so viel Milch produzieren können, wie sie wollen. So etwas ist für die heimische Berglandwirtschaft schlicht unmöglich, sodass sich viele Bauern um die Zukunft sorgen. EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann sieht die Situation nicht ganz so pessimistisch. „Die Veränderung wird nicht von heute auf morgen kommen“, ist er überzeugt. Dennoch müsse damit gerechnet werden, dass auf EU-Ebene in den nächsten Jahren sechs bis acht Prozent mehr Milch produziert wird. Dieser Trend ist schon absehbar. Derzeit produzieren die Milchbauern in der EU jährlich 150 Mio Tonnen Milch. „Die EU verbraucht zwar 90 Prozent selbst, aber mit den restlichen 15 Mio Tonnen müssen wir uns am Weltmarkt behaupten“, so Dorfmann. Und genau da liegt das Problem. „Jeden Liter Milch mehr, den wir in der EU produzieren, müssen wir deshalb außerhalb der EU absetzen. Das könnte sich dann negativ auf den Preis auswirken“, schlussfolgerte er. Wenn das passiert, brauche es eine Absicherung der Berglandwirtschaft. Denn die hat kaum Alternativen zur Milchproduktion. Daher hat Dorfmann dem EU-Agrarkommissar Phil Hogan einen Forderungskatalog übergeben. „Wir wollen einen Ausgleich, weil die Bergbauern höhere Kosten haben, gleichzeitig die Landschaft pflegen und zur Freizeitnutzung zur Verfügung stellen“, so seine Forderung. Daher soll die EU die Vermarktung veredelter Produkte mit Markennamen oder mit dem geschützten Begriff „Produkt vom Berg“ stärker fördern. Dies könnte über operationelle Programme geschehen, wie man sie von den Obstgenossenschaften her kennt.
gs