Prettau, die Kleingemeinde am Ende des Ahrntales, hat eine Größe von 86,49 Quadratkilometern. Dort leben noch exakt 570 Einwohner. Das Dorf auf  1.350 Metern Meereshöhe  ist von einer drastischen Abwanderungswelle der jungen Bevölkerung bedroht. Über 40 leerstehende Häuser und Wohnungen gibt es schon. Die PZ hat mit Bürgermeister Mag.FH MCI Robert Alexander Steger gesprochen.

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Der Prettauer Bürgermeister Mag.FH MCI Robert Alexander Steger        mg

PZ: Herr Bürgermeister, viele Häuser und Wohnungen stehen mittlerweile leer oder wurden von Italienern aufgekauft, die dort für wenige Wochen ihre Sommerferien verbringen. Ein Trend, der Sorgen bereitet. Wie bewerten Sie die Situation?

Robert Alexander Steger: Die Situation ist relativ klar: Die Einheimischen müssen vielfach auswärts arbeiten. Viele davon müssen täglich nach Bruneck fahren. Dazu kommt, dass heutzutage viele junge Prettauer nicht mehr bereit bzw. finanziell nicht in der Lage sind, ihre Elternhäuser dauerhaft instand zu halten. Deshalb ist es für unsere Gemeinde von großem Vorteil, wenn finanzstarke Interessenten die Häuser kaufen und mustergültig sanieren, bevor sie komplett dem Verfall preisgegeben werden. Natürlich handelt es sich dabei oft um Feriengäste, die sich bei ihren Aufenthalten in unser Dorf verliebt haben und ihren Urlaub hier verbringen.

Was tun Sie gegen die drohende Überalterung und Abwanderung der Bevölkerung?

Das ist ein schwieriges Thema. Wir als Gemeinde versuchen so gut als möglich, Arbeitsplätze zu schaffen. Wir planen beispielsweise eine Käserei im Klimastollen. In Zusammenarbeit mit der Milkon soll versucht werden, diesen Plan in das Leaderprogramm einzubinden. So könnten dort ein paar zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Bis vor zwei Jahren stand es auch um die Nahversorgung in Prettau sehr schlecht. Dann hat ein Geschäft mit anschließender Bar wieder geöffnet. Wir als Gemeinde haben die Räumlichkeiten mit der Einrichtung zur Verfügung gestellt. Das hat uns immerhin rund 160.000 Euro gekostet. Ein Kaufmann aus Luttach hat sich dann bereit erklärt, für einen symbolischen Mietpreis die Führung zu übernehmen und so sind neben den Einkaufsmöglichkeiten für die Prettauer drei weitere Arbeitsplätze entstanden. Allerdings sehe ich den sozialen Aspekt als viel größer an, denn ohne gemeinsamen Bezugspunkt – sei es ein Geschäft oder ein Gasthaus – stirbt die Gemeinschaft eines Dorfes. Gleich nebenan gibt es noch eine Bar, die auch ganz gut besucht wird und zum Dorfleben positiv beiträgt. 

Wie läuft es mit dem Klimastollen? Wann wird er endlich als Gesundheitsstruktur anerkannt?

Wir haben Anfang 2015 die erste Studie vorgestellt, die den Klimastollen zumindest als Heilstollen anerkennt. Allerdings gibt es in Italien keine bezahlten Kuraufenthalte, wie z. B. in Deutschland, sodass die Spesen von den Patienten selbst übernommen werden müssten. Aber schon allein die Anerkennung als Heilstollen hätte einen enormen Werbeeffekt. In Zusammenarbeit mit den Wasserfällen in Krimml in Salzburg haben wir über ein Interreg-Projekt gemeinsame Werbemaßnahmen getroffen und hoffen so, länderübergreifend neue Kunden zu gewinnen. Ich habe auch bei der Naturparkverwaltung eine Ausnahmeregelung erwirkt, die es uns erlaubte, den Knappenweg oberhalb des Eingangsstollens aufzuwerten. So konnten wir trotz Naturpark einige Eingriffe vornehmen, um den Weg freizumachen und traditionelle Arbeitsstätten, wie das Pochwerk und die Kramstube, wieder aufzubauen.

Sie haben vor Kurzem mit einem Vorschlag aufhorchen lassen, der im ganzen Land aufgegriffen wurde. Konkret geht es um die Idee, die Fraktionsverwaltung auflösen und der Gemeinde einzuverleiben. Wie stellen Sie sich das vor?

Dies war ein Plan von mir, da das Gebiet der Eigenverwaltung von Prettau mit dem der Gemeinde identisch ist. So hätten wir Verwaltungsspesen gespart. Allerdings braucht es dafür einen Volksentscheid, bei dem mindestens 50 Prozent der Wahlberechtigten plus eine Stimme dafür sein müssten. Allerdings haben frühere Wahlgänge gezeigt, dass die Bevölkerung bei derartigen Abstimmungen nicht sehr wahlfreudig ist. Deswegen sehe ich hier keine Erfolgsaussichten. In jedem Fall möchte ich nicht unnötige Spesen verursachen. Es könnte aber durchaus sein, dass im Zuge der institutionellen Reformen vom Land die Eigenverwaltungen abgeschafft werden. Man wird sehen…

Bleiben wir bei einem weiteren heißen Eisen: das drohende Jagdverbot im Naturpark. Wie sehen Sie die Situation? 

Das ist nicht nur in Prettau, sondern in allen betroffenen Gemeinden, ein heißes Thema. Es sind ja noch sechs weitere Gemeinden betroffen. Aber es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Da bei der Ausrufung des Autonomiestatutes der Umweltschutz noch keine Bedeutung hatte, wurde dieser auch nicht vermerkt. Seit 1991 gibt es aber ein Staatsgesetz, das in Naturgebieten und Nationalparks die Jagd grundsätzlich verbietet. Im restlichen Italien wird dieses Gesetz auch konkret angewandt. Nur in Südtirol nicht. Jetzt haben sich einige sogenannte Grüne die Umsetzung dieses Gesetzes auf ihre Fahne geschrieben. Allerdings hat mir Landeshauptmann Arno Kompatscher bei einem Treffen zugesichert, dass er in Rom intervenieren wird, damit die Zuständigkeit für die Naturparke in Südtirol an das Land übergeht. Ich denke, dass das letztlich auch durchgehen wird. Wenn nicht, müssten wir ernsthaft über einen Ausstieg aus dem Naturpark nachdenken.

Sie haben vor einiger Zeit ins Feld geführt, dass ein Skilift in Prettau eine Chance wäre. Die Nachbarn in Weißenbach bauen im nächsten Jahr. Wie schaut es diesbezüglich in Prettau aus?

Natürlich wäre so ein Projekt für die Ankurbelung des Tourismus sehr wichtig und förderlich. Allerdings hat uns Landeshauptmann Kompatscher bei seinem Besuch im September erklärt, dass ein Skilift in Prettau keine guten Zukunftsaussichten hätte. Ich selbst hätte gegen einen Skilift nichts einzuwenden und würde das Projekt unterstützen. Allerdings müssen schon die Touristiker aufstehen und die Initiative ergreifen. Eventuell könnte man auch eine Querfinanzierung durch das E-Werk ins Auge fassen. 

Das ist ein gutes Stichwort. Wie geht es mit dem Prettauer E-Werk weiter?

Im Jahr 1996 haben wir eine Aktiengesellschaft gegründet, der nur gemeindeansässige Prettauer zu gleichen Bedingungen, sowie die Gemeinde mit 49 Prozent, beitreten durften. Die „Ahrstufe 1“ wurde schließlich im Jahr 2008 verwirklicht. Seit mittlerweile elf Jahren steht ein Projekt zur Verwirklichung der „Ahrstufe 2“. Wegen der Konkurrenzprojekte der SEL wurde es leider archiviert. Wir haben diese Archivierung aber mittlerweile rückgängig machen können, zumal wir unseren Rekurs bis zum Verfassungsgerichtshof weitergetragen haben. 

Das Ansuchen ist also aufrecht, allerdings haben sich auch gewisse Stromstrategen aus dem Ahrntal mit einem Konkurrenzprojekt beteiligt.  Früher waren die erzielte Leistung und die Umweltverträglichkeitsprüfung das Kriterium für eine Konzessionsvergabe, mittlerweile werden auch die technisch innovative Qualität und das Angebot von Geldern an die Gemeinde bzw. die Öffentlichkeit in Betracht gezogen. Und hier hoffen wir, die besseren Karten in der Hand zu haben, da die Wertschöpfung in der Prettau bleiben würde. Wir hätten die Kapazität für sieben neue Kraftwerke. Allerdings liegen diese im Naturpark und durch die Genehmigung des neuen Gewässernutzungsplanes dürfen wir in dieser so genannten roten Zone keinen Eingriff vornehmen. 

Immer wieder kommen Forderungen nach Auflösung von Kleingemeinden. Prettau zählt auch dazu. Wie stehen Sie dazu?

Dagegen werde ich mich vehement zur Wehr setzen! Ich denke, wir können am besten auf die Lage und Probleme der kleinen Gemeinden in der Peripherie aufzeigen. Ich bin ja in vielen Gremien des Landes vertreten und berichte öfters über unsere Schwierigkeiten. Vor allem für die Gemeinde Ahrntal wäre eine Einverleibung von Prettau ein echter Nachteil. So würde sich der Sockelbeitrag verringern, das Kanalisierungsnetz müsste von der Gemeinde Ahrntal bis Sand finanziert werden, da das Netz nicht mehr übergemeindlich wäre. Aber ich kann Ihnen eines versprechen: So schnell wird die Gemeinde Prettau nicht von der Landkarte getilgt. Dafür werde ich mich als Bürgermeister einsetzen.

Interview: Monika Gruber

 

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