Am 21. April stellten Roland Griessmair, Präsident der Bezirksgemeinschaft Pustertal, und Gebhard Mair, Direktor des Sozialdienstes, im Cafe Trayah den Sozialbericht 2016 vor. „Er soll nicht nur Fakten, Tabellen und Zahlen vom vergangenen Jahr enthalten, sondern vielmehr ein Lesebuch für alle sein, mit wichtigen Trends und Überlegungen zu den sozialen Themen“, betont Mair in seiner Eröffnungsrede. Denn die Anforderungen werden immer mehr – auch im Pustertal.
Interessante Lektüre für alle Foto: ph
Insgesamt blicken der Sozialdienst und die Bezirksgemeinschaft Pustertal auf ein sehr bewegtes Jahr 2015 zurück. Die Fotos von Krieg und Terror in afrikanischen Ländern, welche jeder aus dem Fernsehen kennt, seien nun auch bei uns in spürbare Nähe gerückt, so der Präsident der Bezirksgemeinschaft. Die Stadtgemeinde Bruneck kam in die Situation, Menschen auf der Flucht aufnehmen und versorgen zu müssen. Das gelang bis jetzt auch sehr gut. Dies sei vor allem den Sozialdiensten zu verdanken, deren Mitarbeiter sich laut Griessmair mit vielen Ideen und Konzepten eingebracht hatten und sich sehr engagierten. Man ist sich allerdings auch bewusst, dass noch weitere Menschen kommen werden und weiterhin gute Lösungen gefunden werden müssen.
Daneben gehöre das Jahr 2015 auch wieder zu jenen Jahren, in denen die finanziellen Mittel im Vergleich zum Vorjahr gleich geblieben, die Ansprüche an die Sozialdienste jedoch gestiegen sind. Umso mehr freute sich Griessmair, dass es gelang, trotz der knappen Gelder, in manchen Bereichen das Angebot auszubauen.
Tätigkeitsfelder des Sozialdienstes
Die 307 Mitarbeiter des Sozialdienstes, der Großteil davon sind Frauen, arbeiten in stationären und teilstationären Einrichtungen in den Bereichen Wohnen und Arbeiten und im Sozialsprengel. Dazu zählen die Pflege am Wohnort, die Tagesstätten, der Dienst „Essen auf Rädern“, die Infostelle, Tagespflegeheime und die Betreuung von Menschen in Schwierigkeiten. Während es in einigen Bereichen gelang, die Dienste auszubauen - so konnte zum Beispiel die Anzahl der geschützten Arbeitsplätze gesteigert werden -, gibt es in anderen Bereichen noch Handlungsbedarf. Vor allem im Wohnbereich: Für Menschen mit Beeinträchtigung oder psychischen Problemen gibt es im Pustertal 87 geschützte Wohnplätze, die voll belegt sind. 12 Menschen sind auf der Warteliste. Vor allem der Übergang älterer, immer pflegebedürftigerer Bewohner in ein Seniorenheim ist eine weitere große Herausforderung.
Betreuungsstunden nehmen zu
Neben den geschützten Wohnplätzen nahmen auch die Betreuungsstunden der Hauspflege zu. Dies ist vor allem auf die Zunahme der Unterstützung von Familien mit pflegebedürftigen Kindern und auf die Zunahme von alleinstehenden pflegebedürftigen Personen zurückzuführen. Wegen der gleichbleibenden Mittel und Ressourcen gibt es seit 2015 auch in diesem Bereich mittlerweile eine Warteliste.
Es wird immer mehr deutlich, dass die Anfragen nach alternativen Betreuungsangeboten steigen. Ziel der Bezirksgemeinschaft ist es daher, die Intensität der Betreuung bei geschützten Wohnplätzen zu senken, um dadurch mehr Menschen aufnehmen zu können.
Seniorenmensa kommt gut an
Auch die Dienstleistungsstunden in den Tagesstätten und die Anträge um Pflegegeld nahmen im Vergleich zum Jahr 2014 etwas zu. Die Anzahl der zugestellten Mahlzeiten bei „Essen auf Rädern“ nahm hingegen um 15 % ab. Dieser Rückgang lässt sich auf den Anstieg der Mahlzeiten in der Seniorenmensa zurückführen und zeigt, dass ältere Menschen das Essen in Gesellschaft bevorzugen.
Obwohl in der sozialpädagogischen Grundbetreuung von Kindern, Jugendlichen und deren Eltern ein kleiner Rückgang zu verzeichnen ist, sind es doch noch immer 470 Kinder und Jugendliche in schwierigen Verhältnissen, die betreut werden. Bei einem Drittel der begleiteten Familien leben die Eltern der Kinder getrennt oder sind geschieden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Grundbetreuung nehmen eine steigende Zahl der Eltern in finanzieller Krise wahr. Dies wirkt sich negativ auf die Lebensumstände und das Wohlbefinden der Kinder aus.
Armut steigt
Die sozialpädagogische Grundbetreuung von Erwachsenen stieg vom letzten Jahr um fast fünf Prozent auf 554 betreute Menschen. Häufigste Gründe für die Inanspruchnahme des Dienstes sind Suchtprobleme, psychische Erkrankungen, finanzielle Schwierigkeiten und familiäre Beziehungsprobleme.
Auch die Summe der finanziellen Unterstützung durch die Sozialsprengel verzeichnet einen Anstieg von 12,8 Prozent. Der Bedarf im Bereich des sozialen Mindesteinkommens ist ebenso gestiegen. Die konstante Zunahme seit 2006 dieser finanziellen Unterstützung ist ein unübersehbarer Hinweis darauf, dass Teile der Bevölkerung in Armut leben und Gefahr laufen, darin zu verbleiben.
Patrizia Hainz
Infobox
Zusammenfassend kann man erkennen, dass die Anzahl pflegebedürftiger Menschen und Menschen in Schwierigkeiten steigt, die Bereitschaft zur Pflege zuhause abnimmt, die finanziellen Mittel der Sozialdienste stagnieren und der Wunsch nach alternativen Betreuungsangeboten zunimmt. „Dass die Bezirksgemeinschaft Pustertal mit ihren Sozialdiensten noch so gut dasteht, ist“, so der Präsident Roland Griessmair, „in erster Linie den Mitarbeitern zu verdanken, welche täglich ihr Bestes geben und sich unermüdlich immer und immer wieder schwierigen Situationen und Aufgaben stellen.“ Neben dem Hauptamt lebt der soziale Bereich aber auch vom engagierten Ehrenamt. Das soziale Ehrenamt sei etwas ganz Besonderes, weil es den Menschen in den Mittelpunkt stellt, so Griessmair. Solidarität werde im Pustertal noch groß geschrieben und darauf müsse man bauen.
ph